Streitverkündung im Schiedsverfahren:
Seit dem 15. März 2024 bietet die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) ergänzende Regeln an, die eine Streitverkündung im Schiedsverfahren ermöglichen. Diese Ergänzenden Regeln für Streitverkündungen (DIS-ERS) sind abrufbar unter www.disarb.org/werkzeuge-und-tools/dis-regeln. Sie stehen in einer deutschen und englischen Fassung zur Verfügung.
Die DIS schließt mit diesen Regeln eine Lücke. Bislang konnten die Parteien eines Schiedsverfahrens keinem Dritten den Streit verkünden, wie es die deutsche Zivilprozessordnung für Verfahren vor den deutschen staatlichen Gerichten erlaubt. Dies galt gleichermaßen für Schiedsverfahren der DIS wie für Verfahren anderer führender Schiedsinstitutionen. Die DIS ist die erste Schiedsinstitution, die nunmehr ergänzende Regeln zur Schließung dieser Lücke anbietet. Mustervertragsklauseln zur Vereinbarung der DIS-ERS können unter www.disarb.org/werkzeuge-und-tools/dis-musterklauseln abgerufen werden.
Der Bedarf an solchen Regeln ist groß. Die Streitverkündung spielt in zahlreichen Streitigkeiten eine wichtige Rolle, in denen eine Partei je nach Ausgang des Schiedsverfahrens Regressansprüche gegen einen Dritten haben kann oder Ansprüche des Dritten besorgt. Die Streitverkündung verhindert in solchen Konstellationen, dass in einem etwaigen Folgerechtsstreit zwischen der den Streit verkündenden Partei und dem Dritten über dieselben Sach- und Rechtsfragen erneut streitig verhandelt werden muss und diese dort möglicherweise anders beurteilt werden. Praktisch besonders bedeutsam ist die Streitverkündung beispielsweise in Lieferketten und Haupt-/Subunternehmervertragsverhältnissen. Der Folgerechtsstreit muss nicht zwingend ein DIS-Schiedsverfahren sein; die DIS-ERS ermöglichen eine Streitverkündung gleichermaßen für Folgerechtsstreite, die vor anderen Schiedsgerichten oder staatlichen Gerichten ausgetragen werden.
Die DIS-ERS bilden weitgehend das zivilprozessuale Modell der Streitverkündung ab. Der Dritte hat das Recht, dem Schiedsverfahren als Nebenintervenient beizutreten. Besonderes Merkmal der DIS-ERS ist, dass der Nebenintervenient im Verfahren das Recht hat, auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts Einfluss zu nehmen. Zugleich ist der Eingriff in den Ablauf des Schiedsverfahrens minimalinvasiv ausgestaltet, weil die Rolle des Streitverkündungsempfängers auf die eines Nebenintervenienten beschränkt wird. Dieser wird nicht Partei des Schiedsverfahrens und kann daher insbesondere nicht eigene Ansprüche gegen die Parteien des Schiedsverfahrens erheben, im Gegensatz zu einem Dritten, der nach den bestehenden Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung in den Rechtsstreit einbezogen wird. Dieser minimalinvasive Ansatz entlastet das Schiedsverfahren.
Die DIS-ERS wurden von einer Arbeitsgruppe der DIS unter Beteiligung zahlreicher Praktiker entwickelt. Die
DIS stellt eine Practice Note mit weiteren Hinweisen zur Verfügung, die ebenfalls abrufbar ist unter www.dis-arb.org/werkzeuge-und-tools/practice-notes. Rückfragen zu den DIS-ERS können gerne an die Geschäftsstelle der DIS gerichtet werden.