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BAG: Nichtzulassungsbeschwerde – absoluter Revisionsgrund – gerichtsinterne Vorgänge –Darlegungslast

BAG, Beschluss vom 25.1.2024 – 10 AZN 677/23; ECLI:DE:BAG:2024:250124.B.10AZN677.23.0

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und insoweit auf einen absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO) gestützt werden. Nicht jeder Verstoß gegen ein[1]fachgesetzliche Vorschriften oder die Bestimmungen eines Geschäftsverteilungsplans („error in procedendo“) führt jedoch zu einem verfassungswidrigen Entzug des gesetzlichen Richters. Vielmehr ist dies nur der Fall, wenn das Verhalten des Gerichts von willkürlichen Erwägungen geprägt ist oder nicht mehr verständlich erscheint und offen[1]sichtlich unhaltbar ist (Rn. 6 ff.).

2. Stützt sich eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen absoluten Revisionsgrund, so muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG die Beschwerdebegründung substantiiert Tatsachen enthalten, die den Verfahrensfehler des Berufungsgerichts nachvollziehbar aufzeigen. Die bloße Äußerung eines Verdachts des Vorliegens eines Verfahrensmangels iSd. § 547 Nr. 1 ZPO genügt nicht. Geht es um gerichtsinterne Vorgänge, muss der Beschwerdeführer darlegen, was eine zweckentsprechende Aufklärung – zum Beispiel durch Akteneinsichtnahme oder Einholung einer entsprechenden Auskunft bei Gericht – ergeben oder dass er diese zumindest versucht hat (Rn. 10, 13).

3. Sieht ein Geschäftsverteilungsplan vor, dass im Fall von gleichzeitig anhängigen Parallelverfahren die Kammer auch für alle weiteren Verfahren zuständig ist, an die die erste Sache gelangt ist, kann eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nicht allein damit begründet werden, dass der Vorsitzende der nach dem Geschäftsverteilungsplan grundsätzlich zuständigen Kammer über weitere anhängige Parallelverfahren informiert wurde. Dies führt nicht dazu, dass der bzw. die Vorsitzende der anderen Kammer Kenntnis von der – möglichen – Unzuständigkeit erlangt hat oder in die Lage versetzt wurde, die Zuständigkeit der eigenen Kammer zu prüfen (Rn. 13).

(Orientierungssätze)