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BAG: Arbeit auf Abruf – Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit – ergänzende Vertragsauslegung – Annahmeverzug

BAG, Urteil vom 18.10.2023 – 5 AZR 22/23

1. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Arbeit auf Abruf entgegen § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf. In diesem Fall gilt kraft Gesetzes nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart (Rn. 22).

2. Die Vereinbarung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit kann auch konkludent erfolgen. Dafür reicht aber in der Regel das bloße Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten Zeitraum nicht aus. Diesem allein kommt ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dahingehend, der Arbeitgeber wolle sich für die Zukunft an eine von § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG abweichende höhere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit binden, regelmäßig nicht zu (Rn. 31).

3. Die Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG soll die durch den Verstoß der Arbeitsvertragsparteien gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG entstandene Regelungslücke schließen. Eine Festlegung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kommt daher nur in Betracht, wenn die gesetzliche Fiktion im betreffenden Arbeitsverhältnis keine sachgerechte Regelung ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten bei Vertragsschluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart (Rn. 25).

(Orientierungssätze)

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Eine
Abweichung davon kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt.

(Amtlicher Leitsatz)