Das Gericht bestätigt die Entscheidung der Europäischen Kommission, die 2016 angenommen hatte, dass die betreffende Steuerregelung gegen die Beihilfevorschriften der Europäischen Union verstoße.
Belgien wendet seit 2005 eine Steuerregelung an, nach der belgische Unternehmen, die multinationalen Konzernen angehören, wenn sie in Belgien Geschäftstätigkeiten konzentrieren, Arbeitsplätze schaffen oder Investitionen tätigen, von den belgischen Steuerbehörden einen Steuervorbescheid (tax ruling) erhalten können, nach dem sog. „Gewinnüberschüsse“, d. h. Gewinne, die die Gewinne übersteigen, die unter vergleichbaren Umständen von vergleichbaren eigenständigen Unternehmen erzielt worden wären, von der Körperschaftsteuer befreit sind.
Die Europäische Kommission stellte 2016 fest, dass dieses System der Steuerbefreiung eine rechtswidrige Beihilferegelung darstelle, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei, und ordnete an, die gewährten Beihilfen von 55 Empfängern zurückzufordern (Beschluss (EU) 2016/1699 vom 11.1.2016 über die Beihilferegelung Belgiens SA.37667 (2015/C) (ex 2015/NN) (ABl. 2016, L 260, S. 61).
Dagegen erhoben Belgien und mehrere Beihilfeempfänger beim Gericht der Europäischen Union Klage. Dieses erklärte den Beschluss der Kommission am 14.2.2019 für nichtig.
Das Urteil des Gerichts wurde jedoch am 16.9.2021 auf ein Rechtsmittel hin vom Gerichtshof aufgehoben.
Der Gerichtshof stellte fest, dass die Kommission zu Recht festgestellt habe, dass eine Beihilferegelung vorliege. Der Gerichtshof verwies die Sache zur Entscheidung über die Einstufung der Beihilferegelung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV an das Gericht zurück.
Das Gericht hatte sich deshalb ein weiteres Mal mit dieser Rechtssache zu befassen.
Mit seinem Urteil vom 20.9.2023 (T-131/16 RENV) hat es entschieden, dass die Kommission 2016 zu Recht angenommen habe, dass die belgische Steuerregelung für Gewinnüberschüsse gegen die Beihilfevorschriften der Europäischen Union verstoße.
Das Gericht weist das Vorbringen Belgiens gegen den Beschluss der Kommission in vollem Umfang zurück, insbesondere auch, soweit es die Finanzierung der betreffenden Regelung aus staatlichen Mitteln und die behauptete Nichtberücksichtigung der in Belgien anwendbaren Steuerregeln betrifft.
Das Gericht stellt fest, dass die Kommission dargetan habe, dass den Empfängern mit der betreffenden Regelung eine Steuervergünstigung gewährt worden sei.
Das Gericht stellt weiter fest, dass die Kommission zu Recht angenommen habe, dass die Regelung insoweit selektiv sei, als mit ihr Wirtschaftsteilnehmer, die sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in einer vergleichbaren Situation befänden, unterschiedlich behandelt würden. Gesellschaften, die einem multinationalen Konzern angehörten und in den Genuss der Befreiung der Gewinnüberschüsse von der Steuer gekommen seien, seien anders behandelt worden als andere in Belgien körperschafsteuerpflichte Gesellschaften, die nicht in den Genuss einer solchen Steuerbefreiung gekommen seien.
Das Gericht bestätigt auch die Feststellung der Kommission, dass die Regelung insoweit selektiv sei, als sie weder Gesellschaften, die sich dafür entschieden hätten, in Belgien keine Investitionen zu tätigen, keine Geschäftstätigkeiten zu konzentrieren und keine Arbeitsplätze zu schaffen, noch Gesellschaften, die einem kleinen Konzern angehörten, offen stehe.
(Quelle: PM EuG Nr. 143/23 vom 20.9.2023)