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BAG: Betriebliche Altersversorgung – Ablösung einer Sprecherausschussvereinbarung

– dreistufiges Prüfungsschema – teilweise Umstellung von laufenden Betriebsrentenleistungen auf eine Kapitalleistung

BAG, Urteil vom 20.6.2023 – 3 AZR 231/22

ECLI:DE:BAG:2023:200623.U.3AZR231.22.0

1. Umfasst ein Feststellungsantrag, der sich gegen die Ablösung einer alten durch eine neue Versorgungsregelung richtet, eine Prüfung auch der ersten beiden Stufen des dreistufigen Prüfungsschemas des Senats und kann bereits vor dem Eintritt des Versorgungsfalls sicher beurteilt werden, dass insoweit keine rechtfertigungsbedürftigen Eingriffe vorliegen, hängt der Erfolg der Klage bezogen auf die dritte Stufe jedoch von noch nicht feststellbaren Umständen ab, so ist der Feststellungsantrag zwar zulässig, aber als derzeit unbegründet abzuweisen (Rn. 25).

2. Sprecherausschussvereinbarungen stellen kollektive Regelungen dar, die frühere Sprecherausschussvereinbarungen ablösen oder ändern können. Regeln mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Sprecherausschussvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt insoweit das Ablösungsprinzip. Die neuere Sprecherausschussvereinbarung löst eine ältere grundsätzlich selbst dann ab, wenn die Neuregelung für den leitenden Angestellten ungünstiger ist (Rn. 30).

3. Die Ersetzung einer Anwartschaft auflaufende Betriebsrentenleistungen durch eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung in einer – eine andere Versorgungsregelung ablösenden – Versorgungsregelung bedarf auch im Falle einer nur teilweisen Umstellung einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Rn. 51 ff.).

4. Die bei der Umstellung von laufenden Rentenzahlungen auf einmalige Kapitalleistungen vorzunehmende Interessenabwägung kann regelmäßig erst dann erfolgen, wenn festgestellt werden kann, ob die Neuregelung zu einem Eingriff in künftige dienstzeitabhängige Zuwächse führt. Die aus den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes abgeleitete Abwägung der wechselseitigen Interessen bei der auch nur teilweisen Umstellung von laufenden Renten auf eine einmalige Kapitalleistung kann regelmäßig erst dann durchgeführt werden, wenn die dafür erforderlichen Tatsachen vollständig feststehen (Rn. 36, 49 f., 53).

(Orientierungssätze)

Die teilweise Umstellung eines Versprechens laufender Betriebsrentenleistungen auf ein Kapitalversprechen bedarf einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Bei der dabei erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Umstellung nur einen Teil der laufenden Leistungen betrifft.

(Amtlicher Leitsatz)