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BAG: Urlaubsabgeltung – zusätzliche Urlaubsvergütung – Tarifvertragsauslegung – Manteltarifvertrag für die Metallindustrie im Nordwestlichen Niedersachsen

BAG, Urteil vom 28. März 2023 – 9 AZR 219/22

ECLI:DE:BAG:2023:280323.U.9AZR219.22.0

1. Die Tarifvertragsparteien dürfen die Gewährung von tariflichem Mehrurlaub weitgehend frei regeln und grundsätzlich von einer tatsächlichen Arbeitsleistung abhängig machen. Soweit allerdings die tarifvertraglichen Bestimmungen (auch) die Inanspruchnahme gesetzlichen Mindesturlaubs gefährden können, muss die Tarifnorm – soweit möglich – gesetzeskonform ausgelegt und angewandt werden (Rn. 17).

2. Die Inanspruchnahme von gesetzlichem Mindesturlaub ist als Arbeitsleistung iSv. § 10 Nr. 4.4 Satz 1 MTV zu werten. Ein anderes Verständnis ließe sich nicht mit den Zielen von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG vereinbaren (Rn. 18).

3. Zeiten einer Freistellung von der Arbeitspflicht bei gleichzeitig bestehender Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers sind hingegen nicht als „gearbeitet“ iSv. § 10 Nr. 4.4 Satz 1 MTV anzusehen. Eine Freistellung von der Arbeitspflicht im Rahmen eines „Modells zur Verkürzung der Lebensarbeitszeit“ steht Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit nicht gleich (Rn. 19 f.).

4. In der Beschränkung des Anspruchs auf Mehrurlaub im Austrittsjahr auf die Anzahl der gearbeiteten Tage liegt keine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung von arbeitsunfähigen gegenüber solchen Arbeitnehmern, die ihre arbeitsvertragliche Leistung tatsächlich erbringen können (Rn. 21).

(Orientierungssätze)