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EU-Kommission: Europäischer Ansatz für wirtschaftliche Sicherheit in der EU

Die Europäische Kommission und der Hohe Vertreter der EU haben eine Europäische Strategie für wirtschaftliche Sicherheit vorgelegt. Die Mitteilung legt den Fokus darauf, Risiken entscheidender Wirtschaftsströme zu minimieren, und zwar im Kontext zunehmender geopolitischer Spannungen und dem schnellen technologischen Wandel. Gleichzeitig soll ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Offenheit und Dynamik bewahrt werden. In der Strategie wird ein gemeinsamer Rahmen dargelegt, wie wirtschaftliche Sicherheit gewährleistet werden kann – durch eine Stärkung der wirtschaftlichen Basis und der Wettbewerbsfähigkeit der EU, durch Schutz vor Risiken und durch eine Zusammenarbeit mit einem möglichst breiten Spektrum von Ländern, deren Anliegen und Interessen wir teilen. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Präzision werden dabei die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherheit leiten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies darauf, dass die Welt im Vergleich zu früheren Jahren umkämpfter und geopolitischer geworden ist. „Deshalb ist das Thema wirtschaftliche Sicherheit für uns und für viele unserer Partner zu einer Priorität geworden.“ Von der Leyen betonte: „Heute wird Europa die erste große Volkswirtschaft, die eine Strategie für die wirtschaftliche Sicherheit vorlegt. Sie wird die Souveränität, die Sicherheit und den Wohlstand Europas in den kommenden Jahren gewährleisten.“ Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell fügte hinzu, Sicherheit habe als Konzept neue und vielfältige Dimensionen, eine davon sei die wirtschaftliche Sicherheit. „Wir haben gelernt, wie Abhängigkeiten zu einer Waffe werden können. Mit dieser Strategie kombinieren wir sicherheitspolitische Maßnahmen, um unsere übermäßigen Abhängigkeiten zu verringern und gleichzeitig ein globales, offenes, regelbasiertes Handelssystem zu bewahren.“ Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager beschrieb den jetzt vorgelegten Vorschlag als Plan, „wie wir unsere wirtschaftlichen Abhängigkeiten von den Technologien, die wir am dringendsten benötigen, abbauen können – und nicht abkoppeln.“

Ein umfassenderes Konzept für Risikomanagement

Die Risiken, die bestimmte wirtschaftliche Verflechtungen mit sich bringen, entwickeln sich im gegenwärtigen geopolitischen und technologischen Umfeld rasch weiter und verschmelzen zunehmend mit Sicherheitsbelangen. Aus diesem Grund braucht die EU ein umfassendes Konzept, wie sie Risiken für ihre wirtschaftliche Sicherheit gemeinsam identifiziert, bewertet und bewältigt.

In der Strategie wird eine gründliche Bewertung der Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit in vier Bereichen vorgeschlagen:

  • Risiken für die Widerstandsfähigkeit der Versorgungsketten, einschließlich der Energiesicherheit;
  • Risiken für die physische und Cyber-Sicherheit kritischer Infrastrukturen;
  • Risiken im Zusammenhang mit der Technologiesicherheit und dem Abfluss von Technologien;
  • Risiken wirtschaftliche Abhängigkeiten als Waffe zu nutzen oder das Risiko wirtschaftlicher Nötigung.

Die Strategie schlägt eine Methodik für diese Risikobewertung vor. Sie sollte von der Kommission und den Mitgliedstaaten durchgeführt werden, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter, und mit Beiträgen aus dem Privatsektor. Der Prozess sollte dynamisch und kontinuierlich ablaufen.

Dreigleisiger Ansatz für die Minderung der Risiken

  • Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der EU durch Stärkung des Binnenmarktes, Unterstützung einer starken und widerstandsfähigen Wirtschaft, Investitionen in Qualifikationen und die Förderung der Forschungs-, Technologie- und Industriebasis der EU industriellen Basis;
  • Schutz der wirtschaftlichen Sicherheit der EU durch eine Reihe bestehender Politiken und Instrumente, und Überlegungen zu neuen Maßnahmen, um mögliche Lücken zu schließen. Dies würde in einer verhältnismäßigen und präzisen Weise geschehen, um die negative Spillover-Effekte auf die europäische und globale Wirtschaft zu begrenzen;
  • Zusammenarbeit mit einem möglichst breiten Spektrum von Partnern, unter anderem durch die Förderung und den Abschluss von Handelsabkommen und die Stärkung anderer Partnerschaften. Die internationale regelbasierte Wirtschaftsordnung und die multilateralen Institutionen, wie die Welthandelsorganisation sollen gestärkt werden. Gleichzeitig sollen durch Global Gateway in dienachhaltige Entwicklung investiert werden .

In der Mitteilung werden die folgenden neuen Maßnahmen vorgestellt:

  • Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten soll ein Rahmen für die Bewertung von Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit der EU entwickelt werden. Dazu gehört die Erstellung einer Liste von Technologien, die für die wirtschaftliche Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind. Anschließend können die Risiken bewertet und Abhilfemaßnahmen entwickelt werden;
  • einen strukturierten Dialog mit dem Privatsektor zu führen, um ein gemeinsames Verständnis von wirtschaftlicher Sicherheit zu entwickeln und sie zu ermutigen, eine Sorgfaltsprüfung und Risikomanagement im Hinblick auf die wirtschaftliche Sicherheit durchzuführen;
  • weitere Unterstützung der technologischen Souveränität der EU und der Widerstandsfähigkeit der EU-Wertschöpfungsketten, unter anderem durch Entwicklung kritischer Technologien durch STEP;
  • Überprüfung der Verordnung über das Screening ausländischer Direktinvestitionen;
  • Sondierung von Optionen für eine angemessen gezielte Unterstützung für Forschung und Entwicklung von „dual use“-Technologien;
  • die EU-Verordnung zur Ausfuhrkontrolle von „dual use“-Technologien vollständig umzusetzen und einen Vorschlag zu unterbreiten, um ihre Wirksamkeit und Effizienz zu gewährleisten;
  • zusammen mit den Mitgliedstaaten zu prüfen, welche Sicherheitsrisiken sich aus Auslandsinvestitionen ergeben können und auf dieser Grundlage bis Ende des Jahres eine Initiative vorschlagen;
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der Forschung zur systematischen und strengen Durchsetzung der bestehenden Instrumente und Ermittlung und Behebung etwaiger verbleibender Lücken;
  • Prüfung des gezielten Einsatzes der Instrumente der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherheit der EU, einschließlich Informationsmanipulation und Interferenz (FIMI);
  • Beauftragung der Einheitlichen Intelligenzanalysekapazität der EU (Single Intelligence Analysis Capacity, SIAC) mit der spezifischen Arbeit an der Erkennung möglicher Bedrohungen der wirtschaftlichen Sicherheit der EU;
  • sicherzustellen, dass der Schutz und die Förderung der wirtschaftlichen Sicherheit der EU vollständig in die Außenpolitik der Europäischen Union integriert wird und die Zusammenarbeit mit Drittländern in Fragen der wirtschaftlichen Sicherheit ausgebaut wird.

Nächste Schritte

Die Mitteilung bildet die Grundlage für eine strategische Diskussion mit den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament, um einen umfassenden Ansatz zum Schutz der wirtschaftlichen Sicherheit der Union zu entwickeln.

Der Europäische Rat wird sich auf seiner Tagung am 29. und 30.6.2023 mit der Strategie befassen.

(PM EU-Kommission – Vertretung in Deutschland – vom 20.6.2023)