FG Münster, Urteil vom 27.4.2023 – 1 K 487/19 E – Revision nicht zugelassen
1. Die Bestimmung des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG räumt dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, ob er sich mit dem typisierten AfA-Satz nach § 7 Abs. 4 S. 1 EStG zufriedengibt oder eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer geltend macht und darlegt, wofür er die objektive Feststellungslast trägt.
2. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Erforderlich ist insoweit, dass die Darlegungen des Steuerpflichtigen Aufschluss über die maßgeblichen Determinanten – z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen – geben, welche die Nutzungsdauer im Einzelfall beeinflussen, und auf deren Grundlage der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann (§ 11c Abs. 1 EStDV), im Wege der Schätzung mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln ist (BFH-Urteil vom 28.7.2021 – IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108, Rn. 19).
3. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens, insbesondere die Zustandsermittlung von Immobilien mit Hilfe des sog. ERAB-Verfahrens (Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen), seitens des Steuerpflichtigen ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer. Auch andere Nachweismethoden, wie die Wertermittlung nach dem Verfahren der Gebäudesachwertermittlung (§§ 21 ff. i. V. m. § 6 Abs. 6 ImmoWertV vom 19.5.2010, BGBl. I 2010, 639) können geeignet sein.
(Leitsätze der Redaktion)
Volltext BB-Online BBL2023-1365-1