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BAG: Verpflegungszuschuss – Günstigkeitsvergleich – Sachgruppenbildung – Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien – tarifvertragliche Ausschlussfrist

BAG, Urteil vom 25.1.2023 – 4 AZR 171/22

1. Ein Urteil, in dem einer Partei ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat, verletzt den Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Verletzung des Antragsgrundsatzes ist von Amts wegen zu berücksichtigen (Rn. 12, 14).

2. Ein Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG zur Auflösung einer Kollision von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und normativ geltenden Tarifregelungen im Arbeitsverhältnis setzt voraus, dass die zu vergleichenden Teilkomplexe zueinander in einem inneren Zusammenhang stehen, sog. Sachgruppenvergleich (Rn. 21).

3. Ein Verpflegungszuschuss anlässlich der auswärtigen Tätigkeit eines LKW-Fahrers stellt regelmäßig eine Aufwendungsersatzleistung und kein Arbeitsentgelt dar. Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass der Zuschuss in Form einer Verpflegungspauschale geleistet wird, solange es an Anhaltspunkten fehlt, es handele sich der Sache nach um „verschleiertes Entgelt“ und nicht um einen Ersatz für Verpflegungsaufwendungen (Rn. 26 ff.).

4. Die Tarifvertragsparteien legen mit tariflichen Inhaltsnormen Mindestarbeitsbedingungen fest. Die unmittelbare und zwingende Wirkung von Inhaltsnormen hat keinen gestaltenden Einfluss auf individualvertragliche Vereinbarungen. Diese können von den Tarifvertragsparteien nicht durch tarifliche Bestimmungen abgeändert werden (Rn. 33).

(Orientierungssätze)