– Anspruch auf Übernahme eines Leiharbeitnehmers durch den Entleiher aufgrund Betriebsvereinbarung
1. Die in § 1 Abs. 1b AÜG festgelegte Überlassungsdauer ist arbeitnehmer- und nicht arbeitsplatzbezogen zu bestimmen (Rn. 18). Die arbeitnehmerbezogene Berechnung der Überlassungsdauer steht im Einklang mit dem Unionsrecht (Rn. 20 ff.).
2. Durch die den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche gemäß § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG eröffnete Möglichkeit, die gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten durch Tarifvertag zu verkürzen oder auszudehnen, wird die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche zur Normsetzung nach Art. 9 Abs. 3 GG über die im Tarifvertragsgesetz vorgesehenen Arten von Tarifnormen (§ 1 Abs. 1 TVG) und deren Bindungswirkung (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 TVG) hinaus verfassungskonform gesetzlich ausgestaltet (Rn. 23 ff.).
3. Wird nach § 1 Abs. 1b Satz 5 AÜG aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung der Einsatzbranche durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung, die mit dem tarifgebundenen Entleiher geschlossen wurde, von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abgewichen, entfaltet die auf betrieblicher Ebene getroffene Regelung die gleichen Wirkungen wie der ihr zugrundeliegende Tarifvertrag nach § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG (Rn. 24). 4. Eine nach Maßgabe des § 1 Abs. 1b Satz 3 und Satz 5 AÜG aufgrund eines Tarifvertrags der Einsatzbranche durch Betriebsvereinbarung auf 48 Monate verlängerte Überlassungshöchstdauer hält sich im Rahmen dessen, was als „vorübergehend“ iSd. § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG iVm. Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG anzusehen ist (Rn. 26 ff.).
5. Die Bestimmung des § 19 Abs. 2 AÜG, dass für die Berechnung der auf 48 Monate verlängerten Überlassungshöchstdauer Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 nicht berücksichtigt werden, verstößt zwar gegen Unionsrecht. Nach dem abschließenden Rechtsfolgensystem der § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG wird aber dennoch kein Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher begründet, wenn die Gesamtüberlassungsdauer nur unter Berücksichtigung der Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 den 48-Monatszeitraum übersteigt (Rn. 34).
6. Diese Rechtsfolge tritt auch dann nicht ein, wenn aufgrund einer tarifvertraglichen Festlegung für einen vorübergehenden Einsatz nicht nur eine bestimmte Überlassungshöchstdauer einzuhalten ist, sondern darüber hinaus auch besondere arbeitsplatzbezogene Vorgaben zu erfüllen sind. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG regelt abschließend, dass die zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG führende Unwirksamkeit des Leiharbeitsverhältnisses nur für den Fall der Überschreitung der „zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b“ AÜG eintritt (Rn. 38). 7. Regelt eine Betriebsvereinbarung im Entleiherbetrieb, die nach einer bestimmten Überlassungsdauer eine Verpflichtung zur Übernahme eines Leiharbeitnehmers durch den Entleiher vorsieht, dass eine vorherige Abmeldung nur aus bestimmten Sachgründen vorgenommen werden darf, ist die Regelung idR gesetzeskonform dahingehend auszulegen, dass der Leiharbeitnehmer lediglich vor einer willkürlichen, offensichtlich sachwidrigen Abmeldung auf Initiative des Entleihers geschützt ist. Zu einer stärkeren Einschränkung des allein dem Verleiher zustehenden Rechts, die bei ihm angestellten Leiharbeitnehmer abzuberufen, wären die Betriebsparteien des Entleihbetriebs nicht berechtigt (Rn. 49 ff.).
(Orientierungssätze)