Einrichtung von Bund, Ländern und Kirchen beendet nach über sechs Jahren ihre wichtige Arbeit
Bund, Länder und Kirchen errichteten zum 1. Januar 2017 die Stiftung Anerkennung und Hilfe, um Betroffene zu unterstützen, die zwischen 1949 und 1975 als Kinder oder Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland bzw. zwischen 1949 und 1990 in der DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben und heute noch an den Folgen leiden.
Ziele der Stiftung waren,
● die damaligen Verhältnisse und Geschehnisse öffentlich anzuerkennen,
● wissenschaftlich aufzuarbeiten und
● das den Betroffenen widerfahrene Leid und Unrecht durch Gespräche individuell anzuerkennen. Als Bestandteil der individuellen Anerkennung konnten Betroffene finanzielle Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen erhalten. Damit sollte ein Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen geleistet werden.
Die Errichter der Stiftung haben am 28. März 2023 festgestellt, dass die Stiftung nach über sechs Jahren Stiftungslaufzeit ihre Zwecke und Ziele erreicht hat. Entsprechend der Satzung und der Verwaltungsvereinbarung zwischen den Errichtern wurde deshalb die Beendigung der Stiftung beschlossen.
Der Stiftung ist es gelungen, gesellschaftliche Aufmerksamkeit für die Stiftungsanliegen zu wecken. Das von den Betroffenen erlittene Leid und Unrecht wurde öffentlich, individuell und wissenschaftlich aufgearbeitet und anerkannt.
Schätzungsweise bis zu 256.000 Kinder und Jugendliche waren in der Zeit von 1949 bis 1975 in der alten Bundesrepublik und von 1949 bis 1990 in der DDR zeitweise stationär in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie untergebracht. Durch die Erkenntnisse der Stiftung wissen wir, wie es den Kindern und Jugendlichen in diesen Einrichtungen ergangen ist und mit welchen Folgen sie Zeit ihres Lebens zu kämpfen haben.
Die Stiftung hat rund 245 Mio. Euro an 23.837 Betroffene ausgezahlt, weil sie körperliche, psychische sowie sexualisierte Gewalt, ungerechtfertigte medizinische und therapeutische Maßnahmen und anderes Leid und Unrecht über sich ergehen lassen mussten und heute noch an Folgewirkungen leiden. Den Errichtern der Stiftung war es in der gesamten Stiftungslaufzeit wichtig, möglichst alle Betroffenen zu erreichen. Alle Personen, die sich innerhalb der Anmeldefrist gemeldet und die Voraussetzungen erfüllt haben, haben finanzielle Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen der Stiftung erhalten.
Die Stiftung hat neben der Aufarbeitung und Anerkennung Impulse für das Wachhalten der Erinnerung an das Geschehene gegeben. Vor allem die Ergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung, aber auch die von Betroffenen mitentwickelte Initiative, Gedenktafeln an Einrichtungen anzubringen und damit eine Auseinandersetzung mit dem oftmals belastenden Thema anzustoßen, bereichern die vielerorts stattfindende Aufarbeitung und führen zu neuen Initiativen.
Trotz grundlegend veränderter Rahmenbedingungen gilt es heute wie in Zukunft, das Wissen präsent zu halten und wachsam zu bleiben, damit Fehlverhalten und Missstände erst gar nicht entstehen. Es gilt, aus der Würdigung der Opfer heraus für unser Verhalten in der Zukunft zu lernen. Alle Beteiligten, das heißt die Politik, die Einrichtungsträger, die Aufsicht, die Leistungsträger, die Einrichtungen vor Ort sowie die Berufsverbände und (Aus-) Bildungsstätten sind aufgefordert, sich mit den Erkenntnissen der Stiftung auseinanderzusetzen und Schlüsse für ihre Arbeit daraus zu ziehen.
(Pressemitteilung vom 28.3.2023)