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BAG: Mehrarbeitszuschläge nach dem Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit – geleistete Stunden – Urlaubsstunden – gesetzeskonforme Tarifauslegung 

Das BAG hat mit Urteil vom 16.11.2022 – 10 AZR 210/19 – wie folgt entschieden:  

1. § 4.1.2. MTV, wonach Mehrarbeitszuschläge für Zeiten gezahlt werden, die eine bestimmte Anzahl von „geleisteten Stunden“ überschreiten, ist so zu verstehen, dass auch zu vergütende Urlaubsstunden und nicht nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden zu berücksichtigen sind, soweit es um die Berechnung von tariflichen Mehrarbeitszuschlägen geht (Rn. 12 ff.). 

2. Der Begriff „geleistete Stunden“ ist nicht eindeutig und kann auch solche Stunden umfassen, die ein Arbeitnehmer wegen Urlaubs vergütet erhält. Einer tatsächlichen Erbringung von Arbeitsleistungen kann es gleichstehen, wenn Stunden nur deshalb nicht geleistet werden, weil der Arbeitnehmer Urlaub nimmt (Rn. 14). 

3. Auch nach nationalem Recht kann in Tarifverträgen ein Anreiz, auf Urlaub zu verzichten, nicht vereinbart werden. Das verstieße gegen § 1 BUrlG in seinem unionsrechtskonformen Verständnis und wäre auch nicht von der Öffnungsklausel nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG gedeckt (Rn. 16). 

4. Ein Mechanismus in einem Tarifvertrag, wonach nur tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden, nicht aber Urlaubsstunden bei der Berechnung einer Schwelle, ab der Mehrarbeitszuschläge gezahlt werden, berücksichtigt werden, kann einen Anreiz bilden, auf Urlaub zu verzichten, und verstößt deshalb gegen § 1 BUrlG in seinem unionsrechtskonformen Verständnis. Ein solcher Anreiz in Form eines finanziellen Nachteils ist gegeben, wenn Überstunden geleistet und in demselben Monat Urlaubsstunden genommen wurden, Letztere aber in Bezug auf die maßgebliche Berechnungsschwelle nicht berücksichtigt werden (Rn. 18, 20).

(Orientierungssätze)