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BMF: Umsatzsteuer; Umsatzsteuerliche Behandlung von Gebühren als durchlaufender Posten oder Leistungsentgelt; BFH-Urteil vom 3.7.2014, V R 1/14

BMF, 11.1.2023 – GZ III C 2 – S 7200/19/10004 :005; DOK 2023/0008032

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Einleitung

1 Der BFH hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2014, V R 1/14, entschieden, dass Gebühren durchlaufende Posten sind, auch wenn sie gesamtschuldnerisch vom Unternehmer und Leistungsempfänger geschuldet werden.

2 Dies steht im Widerspruch zu Abschnitt 10.4 Abs. 4 Satz 1 UStAE. Demnach würde die Annahme eines durchlaufenden Postens ausscheiden, wenn der Unternehmer die Beträge gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger seiner Leistung schuldet. Zukünftig kommt es auf dieses Kriterium nicht mehr an. Abschnitt 10.4 Abs. 4 wird daher neu gefasst.

II. Auslegung BFH-Urteil vom 3. Juli 2014, V R 1/14

3 Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG enthält keine ausdrückliche Verpflichtung zur korrespondierenden buchhalterischen Behandlung als durchlaufender Posten.

4 Hierzu hat der BFH in seinem Urteil vom 3. Juli 2014, V R 1/14, entschieden, dass § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG richtlinienkonform in der Weise auszulegen ist, dass Beträge, die ein

Steuerpflichtiger in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmt hat, nur dann als durchlaufender Posten zu behandeln sind, wenn sie auch in seiner Buchführung als durchlaufende Posten verbucht worden sind. Dem Unternehmer stünde damit ein Wahlrecht zu.

5 Zur Begründung verweist der BFH auf Art. 79 Abs. 1 Buchst c MwStSystRL. Danach sind Beträge, die ein Steuerpflichtiger vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger als Erstattung der in ihrem Namen und für ihre Rechnung verauslagten Beträge erhält und die in seiner Buchführung als durchlaufender Posten behandelt sind, in die Steuerbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen.

6 Der BFH verkennt dabei allerdings, dass auf Grund von Art. 373 MwStSystRL Deutschland nicht verpflichtet ist, Art. 79 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL in nationales Recht umzusetzen.

Für eine richtlinienkonforme Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG besteht daher kein Raum, da der nationale Gesetzgeber zulässigerweise von dieser Option Gebrauch gemacht hat. Andere Gründe für seine Auslegung hat der BFH nicht angeführt.

7 Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 3. Juli 2014, V R 1/14, daher insoweit nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden, als der BFH als Voraussetzung eines durchlaufenden Postens dessen korrespondierende Behandlung in der Buchführung des Steuerpflichtigen fordert.

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2022 – III C 3 – S 7015/22/10001 :001 (2022/1190542), BStBl I S. 1694, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Im Abkürzungsverzeichnis wird die Angabe „BFStrMG = Bundesfernstraßenmautgesetz“ gestrichen.

2. Abschnitt 10.4 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 6 wird gestrichen.

bb) Die bisherigen Sätze 7 und 8 werden die neuen Sätze 6 und 7.

b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Für die Annahme eines durchlaufenden Postens in Fällen der

Gesamtschuldnerschaft obliegt der Nachweis über die Funktion als Mittelsperson dem Unternehmer.“

IV. Aufhebung BMF-Schreiben vom 11. Februar 2000

9 Das BMF-Schreiben vom 11. Februar 2000 – IV D 1-S 7200-16/00, BStBl I S. 360 wird aufgehoben.

Anwendungsregelung

10 Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer sich auf die bis zum Ergehen dieses BMFSchreibens geltende Verwaltungsauffassung bei Umsätzen beruft, die bis zum 31. Dezember 2022 ausgeführt worden sind.

Schlussbestimmung

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.