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EU-Kommission: Palmöl, Rindfleisch, Soja und Co. – Einigung über entwaldungsfreie Lieferketten

Das Europäische Parlament und der Rat der EU-Staaten haben sich in der vergangenen Nacht auf eine neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten geeinigt. Dies sei ein wichtiger Wendepunkt im weltweiten Kampf gegen die Entwaldung, unterstrich Frans Timmermans, Exekutivvizepräsident der EU-Kommission. „Wenn wir den ökologischen Wandel in der Europäischen Union vollziehen, wollen wir auch dafür sorgen, dass unsere Wertschöpfungsketten ebenfalls nachhaltiger werden.“ Die neuen Regeln sollen dafür sorgen, dass in der EU in Verkehr gebrachtes oder aus der EU ausgeführtes Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse nicht länger zu Entwaldung und Waldschädigung beitragen.

Da die EU einer der größten Wirtschaftsbereiche und Verbraucher dieser Rohstoffe ist, wird die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten dazu beitragen, einen erheblichen Teil der weltweiten Entwaldung und Waldschädigung zu beenden und somit die Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt zu reduzieren. Dies ist ein Meilenstein kurz vor der wichtigen Konferenz über die biologische Vielfalt (COP15), auf der Naturschutzziele für die kommenden Jahrzehnte festgelegt werden sollen.

EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius erklärte: „Mit diesem Übereinkommen am Vorabend der entscheidenden globalen Konferenz in Montreal zum Schutz der biologischen Vielfalt (COP15) sendet die EU ein starkes Signal an die übrige Welt, dass sie entschlossen ist, die Ursachen der weltweiten Entwaldung anzugehen, die massiv zum Klimawandel und dem Verlust an biologischer Vielfalt beiträgt. Damit uns dies gelingt, werden wir eine effiziente und enge Zusammenarbeit sowohl mit den Verbraucher- als auch mit den Erzeugerländern aufbauen, um einen reibungslosen Prozess zu gewährleisten.“

Neue Sorgfaltspflichten für Unternehmen

Mit der neuen Verordnung werden strenge verbindliche Sorgfaltspflichtvorschriften für Unternehmen festgelegt, wenn sie folgende Waren in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen: Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse (wie Rindfleisch, Möbel oder Schokolade). Diese Rohstoffe wurden auf der Grundlage einer gründlichen Folgenabschätzung ausgewählt, in der sie als Hauptursache für die Entwaldung aufgrund der Ausweitung der Landwirtschaft ermittelt wurden. 

Marktteilnehmer und Händler müssen nachweisen, dass die Erzeugnisse sowohl entwaldungsfrei (d. h. auf Flächen erzeugt, die nicht nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden), als auch legal (im Einklang mit allen im Erzeugerland geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften) sind. Die Unternehmen werden auch verpflichtet sein, genaue geografische Informationen über die landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erheben, auf denen die von ihnen bezogenen Erzeugnisse erzeugt wurden, damit diese auf Einhaltung der Vorschriften überprüft werden können. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Nichteinhaltung der Vorschriften zu wirksamen und abschreckenden Sanktionen führt.

Die Liste der erfassten Rohstoffe wird regelmäßig überprüft und aktualisiert, wobei neue Daten wie sich verändernde Entwaldungsmuster berücksichtigt werden.

Die Kommission wird ein Benchmarking-System einführen, bei dem die Länder oder Teile davon und ihr Risiko für Entwaldung und Waldschädigung – hoch, normal oder gering – unter Berücksichtigung der Ausweitung der Landwirtschaft bei der Erzeugung der sieben Rohstoffe und ihrer Folgeprodukte bewertet werden. Verpflichtungen für Unternehmen hängen von der Höhe des Risikos ab. Dies wird auch dazu beitragen, die Zusammenarbeit der EU mit den Partnerländern bei der Eindämmung der Entwaldung zu lenken und gleichzeitig der Lage der lokalen Gemeinschaften und der indigenen Völker besonders Rechnung zu tragen.

Auf internationaler Ebene wird die EU ihr Engagement verstärken, sowohl bilateral mit Erzeuger- und Verbraucherländern als auch in einschlägigen multilateralen Foren, um sicherzustellen, dass die neuen Rechtsvorschriften wirksam umgesetzt werden, und Erzeugerländer falls nötig zu unterstützen. Die neuen Vorschriften werden nicht nur die Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt verringern, sondern auch dazu beitragen, die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen, einschließlich indigener Völker und lokaler Gemeinschaften auf der ganzen Welt, die stark von Waldökosystemen abhängig sind, zu sichern.

Nächste Schritte

Die politische Einigung von Rat und Parlament erfolgte 12 Monate nach dem Vorschlag der Kommission. Die endgültige Fassung baut auf den von der Kommission vorgeschlagenen Kernpunkten auf: Bekämpfung der Entwaldung, unabhängig davon, ob sie legal oder illegal ist; strenge Rückverfolgbarkeitsanforderungen zur Verbindung der Rohstoffe mit der landwirtschaftlichen Nutzfläche, auf der sie erzeugt wurden, und ein Länder-Benchmarkingsystem.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen die neue Verordnung nun noch förmlich annehmen, bevor sie in Kraft treten kann. Sobald die Verordnung in Kraft ist, haben die Marktteilnehmer und Händler 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen. Für Kleinst- und Kleinunternehmen werden ein längerer Anpassungszeitraum sowie andere spezifische Bestimmungen gelten.

Hintergrund

Entwaldung und Waldschädigung sind Hauptursachen der beiden bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit – der Klimawandel und der Verlust biologischer Vielfalt. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass von 1990 bis 2020 420 Millionen Hektar Wald abgeholzt wurden. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die Europäische Union. Unterm Strich wurden den FAO-Schätzungen zufolge in diesem Zeitraum 178 Millionen Hektar Wald mehr abgeholzt als neu angepflanzt oder regeneriert – eine Fläche, die dreimal so groß ist wie Frankreich.

Der Weltklimarat (IPCC) schätzt, dass 23 Prozent aller anthropogenen Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2007-2016 aus der Land- oder Forstwirtschaft und anderen Landnutzungen stammten. Rund 11 Prozent aller Emissionen entfielen auf die Forstwirtschaft und andere Landnutzungen und waren überwiegend auf Entwaldung zurückzuführen. Bei den verbleibenden 12 Prozent handelte es um direkte Emissionen aus der landwirtschaftlichen Erzeugung von z. B. Vieh und Düngemitteln.

(PM EU-Kommission – Vertretung in Deutschland – vom 06.12.2022)