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BAG: Mitbestimmung bei Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen – unternehmensweite Nutzung von Microsoft Office 365 – Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

Das BAG hat mit Beschluss vom 8.3.2022 – 1 ABR 20/21 – wie folgt entschieden:

1. Die Spaltung eines Gemeinschaftsbetriebs hat nicht stets zur Folge, dass der Ursprungsbetrieb iSv. § 21b BetrVG untergeht und der für den Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat nur noch über ein Restmandat nach § 21b BetrVG verfügt. Besteht bei einem der eigenständig fortgeführten Betriebsteile ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang mit dem bisherigen Betrieb und ist dessen betriebliches Substrat weitgehend unverändert geblieben, bleibt dieser Betriebsrat weiterhin im Amt (Rn. 20).

2. Einführung und Anwendung einer zur Überwachung geeigneten technischen Einrichtung bilden eine einheitliche und damit untrennbare betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Rn. 26).

3. Das Softwarepaket Microsoft Office 365 ist eine technische Einrichtung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die bei Verwendung der einzelnen Desktop-Anwendungen und Dienste erstellten, anfallenden oder erhobenen Daten können für eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle genutzt werden (Rn. 31).

4. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat für die Behandlung einer betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit zuständig, wenn mehrere Betriebe betroffen sind und objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht (Rn. 33).

5. Für die unternehmensweite Nutzung einer Software ist aus zwingenden Gründen eine betriebsübergreifende Regelung erforderlich, wenn ihre Administration nur einheitlich für das gesamte Unternehmen erfolgen kann und dadurch eine Kontrolle von Verhalten und Leistung aller die Software nutzenden Arbeitnehmer möglich ist. Dies begründet die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit (Rn. 34 ff.).

6. Ist der Gesamtbetriebsrat zuständig, muss er die gesamte Angelegenheit mit dem Arbeitgeber regeln. Dabei haben die Betriebsparteien mögliche Besonderheiten einzelner Betriebe zu berücksichtigen (Rn. 37).

7. Steht rechtskräftig fest, dass ein örtlicher Betriebsrat für die Regelung einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht zuständig ist, kann er die Unzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht mit dem Argument gerichtlich geltend machen, dieser sei nicht wirksam errichtet. Für eine hierauf bezogene Feststellung fehlt ihm die erforderliche Antragsbefugnis (Rn. 43).

(Orientierungssätze)