Das BAG hat mit Beschluss vom 16.3.2022 – 7 ABR 29/20 – wie folgt entschieden:
1. Ist die Amtszeit eines Betriebsrats, dessen Wahl gerichtlich angefochten ist, nach einer turnusmäßigen Neuwahl im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Wahlanfechtungsverfahren noch nicht beendet, entfällt das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung der Wahl auch dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung das Ergebnis der Neuwahl bereits bekanntgegeben wurde (Rn. 13 ff.).
2. Die generelle Anordnung der schriftlichen Stimmabgabe für bestimmte Betriebsstätten ist nicht in das Ermessen des Wahlvorstands gestellt, sondern nach § 24 Abs. 3 WO nur für solche zum Wahlbetrieb gehörenden Betriebsteile oder Kleinstbetriebe zulässig, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind (Rn. 25 ff.).
3. Dem Wahlvorstand steht bei seiner Entscheidung über die Durchführung der schriftlichen Stimmabgabe auf Grundlage von § 24 Abs. 3 WO ein Beurteilungsspielraum im Hinblick darauf zu, welche Betriebsteile und Kleinstbetriebe im Sinne der Vorschrift „räumlich weit“ vom Hauptbetrieb entfernt sind (Rn. 31). Er hat seine Einschätzung angesichts des Regelungszwecks maßgeblich daran auszurichten, ob es den Arbeitnehmern der entfernten Betriebsstätten unter Berücksichtigung der geographischen Entfernung und den daraus resultierenden Wegezeiten zumutbar ist, persönlich ihre Stimme im Hauptbetrieb abzugeben (Rn. 32 f.).
4. Beschließt der Wahlvorstand unter Verstoß gegen § 24 Abs. 3 WO die schriftliche Stimmabgabe für nicht räumlich weit entfernte Betriebsteile bzw. Kleinstbetriebe, hat eine darauf gestützte gerichtliche Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 1 BetrVG Erfolg, wenn ohne diesen Beschluss bei einer hypothetischen Betrachtung ein anderes Wahlverhalten der in den auswärtigen Betriebsstätten tätigen Wahlberechtigten nicht ausgeschlossen werden kann und dieses die Sitzverteilung im Betriebsrat hätte verändern können (Rn. 41 ff.).
(Orientierungssätze)