Das BAG hat mit Urteil vom 26.4.2022 – 9 AZR 367/21 – wie folgt entschieden:
1. Der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen kann grundsätzlich nur dann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahrs oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlöschen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor durch Erfüllung seiner Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen (Rn. 13).
2. Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese nicht offenkundig, hat er keinen Anlass, vorsorglich auf einen Zusatzurlaub hinzuweisen und den Arbeitnehmer aufzufordern, diesen in Anspruch zu nehmen.
In diesem Fall verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 7 Abs. 3 BUrlG, ohne dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt (Rn. 17).
3. Der Anspruch auf Zusatzurlaub kann auch dann ohne vorherige Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber erlöschen, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag auf Anerkennung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch gestellt hat, ohne seinen Arbeitgeber darüber zu unterrichten und ohne dass die Schwerbehinderung offensichtlich ist (Rn. 18).
4. Demgegenüber setzen Befristung und Verfall des Anspruchs auf Zusatzurlaub grundsätzlich die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit durch den Arbeitgeber voraus, wenn der (objektiv schwerbehinderte) Arbeitnehmer den Arbeitgeber über seinen (noch nicht beschiedenen) Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft unterrichtet hat (Rn. 19 ff.).
5. Wird der dem Arbeitgeber bekannte Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung zunächst durch behördlichen Bescheid zurückgewiesen und die Schwerbehinderung später aufgrund eines vom Arbeitnehmer eingelegten Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels rückwirkend festgestellt, hängen Befristung und Verfall des Zusatzurlaubs vom Kenntnisstand des Arbeitgebers ab. Hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich über die ablehnende Entscheidung der zuständigen Behörde sowie über die (beabsichtigte) Einlegung eines Rechtsbehelfs unterrichtet, setzt die Befristung des Urlaubsanspruchs weiterhin die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten voraus. Anderenfalls verfällt der Zusatzurlaubsanspruch auch ohne Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ausnahme des Urlaubs, über den der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Ablehnung hätte belehrt haben müssen (Rn. 22 ff.).
(Orientierungssätze)