Das Bundeskartellamt (BKartA) wird kein Verfahren gegen eine geplante Entwicklungskooperation der Robert Bosch GmbH und der Volkswagen AG zur Fortentwicklung des automatisierten Fahrens einleiten. Die Kooperation der beiden Unternehmen dient der Entwicklung einer gemeinsamen Software-Lösung im Bereich des teilautomatisierten Fahrens. Die Unternehmen planen die Entwicklung einer sog. 360° Video-Perception-Software, die die Signale und Daten von zahlreichen Kameras, Radaren und Sensoren zentral zusammenführt und unter Einsatz von künstlicher Intelligenz verarbeitet. Die Software soll insbesondere in Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns zum Einsatz kommen, aber auch für andere Automobilhersteller zur Verfügung stehen.
Bei der Entwicklung wird Bosch als Automobilzulieferer sein bisheriges Know-how bei der Entwicklung von automatisierten Fahrsystemen einbringen. VW verfügt als Automobilhersteller über eine große Fahrzeugflotte, über die kontinuierlich und in Echtzeit Massedaten generiert werden können, die zur Entwicklung der geplanten Software notwendig sind.
Die vorliegende Kooperation dient der Forschung und Entwicklung (F&E) und ist daher an den Maßstäben der europäischen F&E-Gruppenfreistellungsverordnung zu messen. Diese stellt Kooperationen im F&E-Bereich unter bestimmten Voraussetzungen vom Kartellverbot frei. Maßgeblich ist unter anderem, in welchem Entwicklungsstadium sich die F&E befindet, inwieweit konkurrierende F&E-Pole anderer Wettbewerber erhalten bleiben und welche Marktposition den Kooperationspartnern zukommt. Vorliegend war zu berücksichtigen, dass die geplante Software schwerpunktmäßig in VW-eigenen Fahrzeugen zum Einsatz kommen wird. Neben den Kooperationspartnern forschen und entwickeln zudem zahlreiche Unternehmen der Automobilbranche, aber auch globale IT-Unternehmen unter erheblichem Finanz- und Ressourceneinsatz und oft auch in internationalen Kooperationen an konkurrierenden Lösungen. Dies gilt sowohl für die Entwicklung ganzer Fahrsysteme als auch für die Entwicklung einzelner Software-Komponenten, die für automatisierte Fahrsysteme notwendig sind.
Vor diesem Hintergrund hat das BKartA entschieden, im Rahmen seines Aufgreifermessens von der Einleitung eines Verfahrens abzusehen. Es wird die Weiterentwicklung der Kooperation jedoch auf der Grundlage der kartellrechtlichen Selbsteinschätzung der Unternehmen weiter im Blick behalten.
(Meldung BKartA vom 4.7.2022)