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BAG: Virtuelle Optionen – Verfallklausel bei Ausscheiden – Transparenzgebot – unangemessene Benachteiligung

BAG, Urteil vom 19. März 2025 – 10 AZR 67/24

  1. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) wird nicht allein
    dadurch begründet, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auslegungsbedürftig
    sind und Fachbegriffe in englischer Sprache verwendet werden. Dies ist nur dann der
    Fall, wenn unter Berücksichtigung der Verständnismöglichkeiten der typischerweise
    an Verträgen dieser Art beteiligten Verkehrskreise die Gefahr besteht, dass der Vertragspartner
    des Verwenders von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte abgehalten
    wird (Rn. 25 ff.).
  2. Sehen Bestimmungen in einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm vor, dass virtuelle
    Optionsrechte an der Wertsteigerung des Unternehmens nur in Zeiten eines Arbeitsverhältnisses
    „erdient“ („gevestet“) werden, in denen der Arbeitnehmer einen Entgeltanspruch
    hat, stellen die gevesteten Optionen auch eine Gegenleistung für die in der
    sog. Vesting-Periode erbrachte Arbeitsleistung dar. Der Umstand, dass die virtuellen
    Optionsrechte erst bei ihrer Ausübung zu einem Zahlungsanspruch führen können und
    vor einem sog. Ausübungsereignis nur eine Gewinnchance verkörpern, stellt deren
    Gegenleistungscharakter nicht infrage (Rn. 38 ff., 48).
  3. Die Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer durch den in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
    geregelten Verfall seiner virtuellen Optionen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
    unangemessen benachteiligt wird, richtet sich nach dem Sinn und Zweck des
    jeweiligen Mitarbeiterbeteiligungsprogramms unter Berücksichtigung der geschützten
    beiderseitigen Rechtspositionen (Rn. 35, 49).
  4. Eine Klausel, die den sofortigen Verfall der gevesteten Optionsrechte nach einer
    Eigenkündigung vorsieht, steht dem Grundsatz des Austauschverhältnisses von Arbeit
    und Vergütung (§ 611a Abs. 2 BGB) entgegen und erschwert das Kündigungsrecht
    des Arbeitnehmers unzulässig (Rn. 50 ff.).
  5. Auch eine Klausel, die bestimmt, dass die virtuellen Optionen nach Beendigung des
    Arbeitsverhältnisses doppelt so schnell verfallen, wie sie gevestet sind, benachteiligt
    den Arbeitnehmer unangemessen. Sie berücksichtigt die Zeit, die der Arbeitnehmer
    durch Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Vesting-Periode für die erdienten Optionsrechte
    aufgewandt hat, nicht hinreichend, ohne dass die kürzere Verfallfrist durch
    entgegenstehende Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist (Rn. 58 ff.).

(Orientierungssätze)