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EuGH: Entschuldungsverfahren – Auslegung des Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 RL (EU) 2019/1023

EuGH, Urteil vom 10.4.2025 – C-723/23

1. Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs‑, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) ist wie folgt auszulegen: Er steht einer nationalen Regelung, die einem Schuldner, der gegenüber den Gläubigern eines Dritten unredlich oder bösgläubig gehandelt hat und bei der gerichtlichen Feststellung von dessen betrügerischer Insolvenz als „betroffene Person“ eingestuft worden ist, den Zugang zur Entschuldung verwehrt, nicht entgegen.

2. Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2019/1023 ist wie folgt auszulegen: Er steht einer nationalen Regelung, die eine in Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie nicht vorgesehene Ausnahmeregelung zum Grundsatz des Zugangs zu einem Verfahren, das zu einer vollen Entschuldung führen kann, vorsieht, die einem Schuldner, der in den zehn Jahren vor Stellung seines Antrags auf Entschuldung in einem Urteil, mit dem die Insolvenz eines Dritten, als „betrügerisch“ eingestuft wurde, zu einer „betroffenen Person“ erklärt wurde, den Zugang zu einem solchen Verfahren verwehrt, es sei denn, er hat um Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Entschuldung alle Schulden, für die er haftet, beglichen, ohne dass die nationalen Gerichte in subjektiver Hinsicht zu prüfen haben, ob der Schuldner unredlich oder bösgläubig gehandelt hat, nicht entgegen, sofern die Verwehrung des Zugangs zur Entschuldung nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.

(Tenor)