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DAV: Gemeinsames Statement – Interna­tionale Anwalt­schaft rügt US-Regierung

DAV und andere Anwalts­or­ga­ni­sa­tionen kritisieren US-Regierung für Angriffe gegen Unabhän­gigkeit der Anwalt­schaft und Justiz

Berlin (DAV). Der Deutsche Anwalt­verein (DAV) und zahlreiche weitere interna­tionale Anwalts­ver­ei­ni­gungen verurteilen in einer gemeinsamen Erklärung das Vorgehen der US-Regierung gegen die amerika­nische Anwalt­schaft und die nationale sowie interna­tionale Justiz. Die Attacken von US-Regierung und -Behörden auf die Anwalts­or­ga­nisation ABA und einzelne Kanzleien sowie gegen den Interna­tionalen Strafge­richtshof seien nicht hinnehmbar und verstießen gegen interna­tionales Recht.

Insgesamt 18 Organi­sa­tionen haben das gemeinsame Statement unterzeichnet, in dem die US-Regierung gleich für mehrere Punkte deutlich kritisiert wird. „Die US-Regierung untergräbt mit ihrem Vorgehen gegen Rechts­anwälte, Staats­anwälte und Justiz­an­ge­hörige interna­tionale rechts­staatliche Grundsätze“, erklärt Rechts­anwalt Stefan von Raumer, Präsident des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Dies sei für die interna­tionale Anwalt­schaft nicht hinnehmbar.

Aktionen gegen den amerika­nischen Anwalt­verein

Nachdem die American Bar Association (ABA) in einer Erklärung deutlich auf Versuche der neuen US-Regierung reagiert hatte, die Unabhän­gigkeit der Gerichte und der Anwalt­schaft durch persönliche Angriffe, Einschüch­te­rungen, Entlas­sungen und Degradie­rungen zu untergraben, untersagte die US-Verbrau­cher­schutz­behörde FTC Mitarbei­tenden die Mitglied­schaft in der Organi­sation und die Teilnahme an ABA-Veranstal­tungen. „Solche Angriffe gegen freie und unabhängige Anwalts­or­ga­ni­sa­tionen und deren Recht auf freie Meinungs­äu­ßerung verstoßen gegen die Grundprin­zipien der Vereinten Nationen zur Rolle der Rechts­an­walt­schaft“, warnt der DAV-Präsident. Hier habe die US-Regierung eine Grenze überschritten.

Interna­tionaler Strafge­richtshof im Visier

Der Interna­tionale Strafge­richtshof (IStGH) beschäftigt sich mit dem Völker­strafrecht – also zum Beispiel Kriegs­ver­brechen, Verbrechen gegen die Mensch­lichkeit und Völkermord. „Dass die US-Regierung den unabhängigen IStGH in seiner Arbeit behindert und nicht nur Mitarbeiter des Gerichts, sondern auch deren Familien mit persön­lichen Sanktionen unter Druck setzt, ist ein unerträg­licher Angriff auf die interna­tionalen Menschen­rechte und die Unabhän­gigkeit der Justiz“, so von Raumer. Den Opfern der schwer­wie­genden Delikte, die am IStGH verhandelt werden, drohe nun der Verlust ihres Zugangs zum Recht.

Eingriffe in die amerika­nische Rechts­pflege

Die unterzeich­nenden Organi­sa­tionen kritisieren auch deutlich, wie die US-Regierung in die Arbeit der freien und unabhängigen Anwalt­schaft, aber auch der Staats­an­walt­schaft eingreift. Einer Anwalts­kanzlei, die pro bono einen Ermittler zu den Vorgängen um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 vertreten hatte, und einer weiteren, die sich gegen den Kurs der Regierung gegen Transgender-Programme gestellt hatte, wurden Sicher­heits­freigaben für Regierungs­gebäude entzogen. Auch hatten sechs Staats­anwält:innen aus Protest gegen die Anweisung, Ermitt­lungen gegen den Bürger­meister New Yorks einzustellen, ihre Ämter nieder­gelegt. „Solche konkreten, durch nichts sachlich gerecht­fer­tigten Eingriffe in Ermitt­lungs­ver­fahren, aber auch zielge­richtete Aktionen gegen die rechtmäßige Arbeit spezifischer Kanzleien, sind ein Affront gegen unabdingbare Rechts­staats­prin­zipien“, macht Stefan von Raumer deutlich. Das dürfe weder die amerika­nische Rechts­pflege noch die interna­tionale Gemein­schaft einfach hinnehmen.

Appell an die US-Regierung

Die unterzeich­nenden Organi­sa­tionen fordern die US-Regierung deshalb auf, alle Handlungen zur Einschüch­terung und Behinderung von Angehörigen der Rechts­berufe einzustellen, rechts­staatliche Grundsätze aufrecht­zu­er­halten und die Maßnahmen, die gegen Juristinnen und Juristen in und außerhalb der USA verhängt wurden, rückgängig zu machen.

⇒ Zum Joint Statement

Hintergrund

Gemäß den „Grundprin­zipien der Vereinten Nationen betreffend die Rolle der Rechts­anwälte“ (UN-Grundprin­zipien) müssen Rechts­anwälte in der Lage sein, alle ihre beruflichen Aufgaben ohne Einschüch­terung, Behinderung, Belästigung oder unzulässige Einmischung wahrzu­nehmen, und sie dürfen weder strafrechtlich verfolgt noch mit adminis­trativen, wirtschaft­lichen oder sonstigen Sanktionen bedroht werden, wenn sie in Überein­stimmung mit ihren anerkannten beruflichen Pflichten, Normen und Standes­regeln handeln.  

Darüber hinaus dürfen Rechts­anwälte wegen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht mit ihren Mandanten oder den Angele­gen­heiten ihrer Mandanten identi­fiziert werden.

Die oben genannte ABA-Erklärung ist hier abrufbar.