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EuGH: Rentenfonds – Vergleichbarkeit mit einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) – von den Mitgliedern getragene Anlagerisiken

1. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Mitglieder eines Rentenfonds, der im Rahmen eines kollektiven Rentensystems einen Rentenvertrag durchführt, der Rentenanwartschaften und ‑leistungen vorsieht, deren Höhe, obwohl sie auf der Grundlage einer Regelrente oder des Berufseinkommens und der Anzahl der Arbeitsjahre jedes Mitglieds festgelegt wird, unter bestimmten Bedingungen als Folge der Ergebnisse der Anlagen dieses Rentenfonds variieren kann, nur dann als Träger des Anlagerisikos angesehen werden können, wenn die Höhe der Rentenanwartschaften und ‑leistungen in erster Linie von den Ergebnissen dieser Anlagen abhängt. Für eine solche Beurteilung sind weder die Anzahl der Jahre, in denen ein Mitglied Rentenanwartschaften aufgebaut hat, noch der Umstand, dass der Aufbau von Rentenanwartschaften in Bezug auf einen Rentenfonds zu einem bestimmten Zeitpunkt unterbrochen wurde, relevant. Dass das Risiko individuell oder kollektiv getragen wird, insbesondere im Fall einer Insolvenz, oder dass ein Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum eine Garantie für den erwarteten Aufbau von Rentenanwartschaften übernommen hat, ist zwar von Bedeutung, jedoch sind diese Faktoren als solche nicht ausschlaggebend.

2. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 ist im Licht des Grundsatzes der Steuerneutralität dahin auszulegen, dass für die Klärung der Frage, ob ein Rentenfonds, der kein Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren ist, die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung in Anspruch nehmen kann, nicht nur ein Vergleich mit einem solchen Organismus durchzuführen ist, sondern auch zu beurteilen ist, ob der Rentenfonds im Hinblick auf die rechtliche und finanzielle Situation des Mitglieds im Verhältnis zu diesem Rentenfonds mit anderen Fonds vergleichbar ist, bei denen es sich zwar nicht um Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren handelt, die aber von dem betreffenden Mitgliedstaat als Sondervermögen im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden.

EuGH, Urteil vom 5.9.2024 – verb. Rs. C-639/22 bis C-644/22

(Tenor)