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BAG: Erfüllung von Urlaub – Quarantäne

BAG, Urteil vom 28. Mai 2024 – 9 AZR 76/22; ECLI:DE:BAG:2024:280524.U.9AZR76.22.0

1. Legt der Arbeitgeber auf Wunsch des Arbeitnehmers (§ 7 Abs. 1 BUrlG) den Urlaub fest, wird die Arbeitspflicht für den Urlaubszeitraum – einvernehmlich – aufgehoben. Treten danach Umstände ein, die einen anderen Freistellungstatbestand erfüllen, kann die bereits suspendierte Leistungspflicht nicht noch einmal erlöschen (Rn. 13).

2. Bewilligt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer antragsgemäß Urlaub und zahlt an ihn Urlaubsentgelt, erfüllt er den Urlaubsanspruch ungeachtet des Umstands, dass die zuständige Behörde anschließend für denselben Zeitraum die Absonderung des selbst nicht erkrankten Arbeitnehmers in häusliche Quarantäne anordnet, weil er mit einer Person Kontakt gehabt hat, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert gewesen ist (Rn. 10, 14).

3. Urlaubsstörende Umstände stehen der Erfüllung des Urlaubsanspruchs nur entgegen, soweit der Gesetzgeber oder die Tarifvertragsparteien das Urlaubsrisiko dem Arbeitgeber auferlegt haben. Einen solchen Fall regelt § 9 BUrlG, dem zufolge durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden (Rn. 15).

4. Ist der Arbeitnehmer selbst nicht mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert, liegt eine Krankheit iSd. § 9 BUrlG nicht vor. Die Ansteckungsgefahr, die den Grund für die Quarantäneanordnung bildet, steht einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht gleich (Rn. 21).

5. Eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG scheidet in solchen Fällen aus. Es fehlt sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Regelungsgegenstände (Rn. 17).

6. Der Gesetzgeber hat das Infektionsschutzgesetz mit Wirkung zum 17. September 2022 geändert. Seitdem bestimmt § 59 Abs. 1 IfSG, dass unter den dort genannten Voraussetzungen Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden (Rn. 28).

(Orientierungssätze)

1. Bewilligt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer antragsgemäß Urlaub und zahlt an ihn Urlaubsentgelt, erfüllt er den Urlaubsanspruch ungeachtet des Umstands, dass die zuständige Behörde anschließend für denselben Zeitraum die Absonderung des selbst nicht erkrankten Arbeitnehmers in häusliche Quarantäne anordnet, weil er mit einer Person Kontakt gehabt hat, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert gewesen ist.

2. Die von dem Arbeitnehmer ausgehende Ansteckungsgefahr, die den Grund für die Quarantäneanordnung bildet, ist mangels eines regelwidrigen Körperzustands keine Krankheit iSd. § 9 BUrlG. Eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG scheidet aus, da weder eine planwidrige Regelungslücke vorliegt noch die Regelungsgegenstände hinreichend vergleichbar sind.

(Amtliche Leitsätze)