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BAG: Zugang einer verkörperten Willenserklärung unter Abwesenden – Einwurf eines Schriftstücks in den Hausbriefkasten

– übliche Postzustellzeiten – Anscheinsbeweis

BAG, Urteil vom 20.6.2024 – 2 AZR 213/23

1. Der Einwurf eines Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten bewirkt dessen Zugang beim Empfänger, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (Rn. 10).

2. Die Annahme einer Verkehrsanschauung, bei Hausbriefkästen sei im Allgemeinen mit einer Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (Rn. 11).

3. Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (Rn. 13).

4. Ein Anscheinsbeweis wird dadurch erschüttert, dass der Prozessgegner atypische Umstände des Einzelfalls darlegt und im Fall des Bestreitens Tatsachen nachweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegen (Rn. 14).

(Orientierungssätze)

Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen.

(Amtlicher Leitsatz)