© IMAGO / Shotshop

BAG: Unzulässiges Teilurteil des Arbeitsgerichts – Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht

– Verstoß des Arbeitsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO – Übergehen eines Berufungsantrags durch das Landesarbeitsgericht – doppelte Rechtshängigkeit eines Sachantrags

BAG, Urteil vom 21.3.2024 – 2 AZR 113/23; ECLI:DE:BAG:2024:210324.U.2AZR113.23.0

1. Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine zur Endentscheidung reif, hat das Gericht diese durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen (§ 301 Abs. 1 ZPO). Entscheidungsreife besteht nur, wenn das Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil erlassen werden kann und die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist (Rn. 15).

2. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dies ist ua. der Fall, wenn bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche zwischen diesen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht (Rn. 15).

3. Nach einem unzulässigen Teilurteil des Arbeitsgerichts darf das Landesarbeitsgericht die Sache nur an dieses zurückverweisen, wenn die weitere Verhandlung vor dem Gericht des ersten Rechtszugs erforderlich ist. Ist das nicht der Fall, muss das Revisionsgericht die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Dieses muss die im erstinstanzlichen Teilurteil zu Unrecht „ausgesparten“ Klageanträge an sich ziehen und ebenfalls über diese entscheiden (Rn. 25).

4. Übergeht das Landesarbeitsgericht einen Berufungsantrag iSv. § 321 ZPO, entfällt grundsätzlich (auch) die Rechtshängigkeit des damit weiterverfolgten Sachantrags, wenn keine Partei innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO eine Ergänzung des Berufungsurteils verlangt. Hat eine Partei einen in erster Instanz noch unbeschieden anhängigen Klageantrag entgegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Berufungsverfahren ein weiteres Mal rechtshängig gemacht, erlischt ausschließlich die Rechtshängigkeit des zweiten Klageantrags (Rn. 19).

5. Bei einem Prozessurteil erwächst nicht der angenommene Unzulässigkeitsgrund als solcher – dh. vom Streitgegenstand losgelöst – in Rechtskraft, so dass die Rechtskraft nicht für weitere prozessuale oder gar materielle Rechtsfolgen wirken kann, die sich aus dem Unzulässigkeitsgrund ableiten ließen (Rn. 29).

(Orientierungssätze)