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BAG: Urlaubsgeld – Gesamtzusage – Schriftformgebot bei Nebenabrede

– ablösende Betriebsvereinbarung – tarifvertraglicher Regelungsvorrang – Umdeutung

BAG, Urteil vom 24.1.2024 – 10 AZR 33/23

1. Gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt ein übertarifliches Urlaubsgeld, stellt die entsprechende Vereinbarung keine Nebenabrede iS tariflicher Formvorschriften (hier: § 4 Abs. 2 Satz 1 BMT-G II) dar. Die Abrede steht im Zusammenhang mit der Vergütungspflicht nach § 611a Abs. 2 (früher: § 611 Abs. 1) BGB, welche als Hauptleistungspflicht nach § 4 Abs. 1 BMT-G II formlos vereinbart und abgeändert werden kann (Rn. 23 ff.).

2. Eine Gesamtzusage ist „betriebsvereinbarungsoffen“ gestaltet, wenn sie einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vorbehalt der Ablösung durch eine spätere Betriebsvereinbarung enthält. Eine entsprechende konkludente Vereinbarung kann sich – wie hier – aus dem betriebseinheitlichen Regelungsgegenstand, einem Hinweis auf eine Abstimmung mit dem Betriebsrat und einem Widerrufsvorbehalt ergeben (Rn. 27 ff.).

3. Ob ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen iSv. § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ausdrücklich zulässt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine tarifliche Bestimmung (hier: § 3 TV Urlaubsgeld), wonach eine aufgrund betrieblicher Regelung gewährte und ihrer Art nach entsprechende Leistung – hier Urlaubsgeld – auf die tarifliche Leistung anzurechnen ist, lässt die Erfüllung des tariflichen Anspruchs durch eine betrieblich geregelte gleichartige Zahlung zu. Darin liegt zugleich die Gestattung, eine übertarifliche Leistung durch Betriebsvereinbarung zu regeln (Rn. 37 ff.).

(Orientierungssätze)