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BAG: Luftverkehrsbetrieb – Inlandsbezug – Stilllegung – Bestimmtheit der Kündigung

– dringende betriebliche Erfordernisse – Betriebsübergang – Anrechnung anderer Beschäftigungszeiten – Massenentlassungsanzeige – Vertretungsberechtigung – Schriftlichkeitserfordernis

BAG, Urteil vom 1.6.2023 – 2 AZR 150/22

ECLI:DE:BAG:2023:010623.U.2AZR150.22.0

Ein Luftverkehrsbetrieb iSv. § 24 Abs. 2 KSchG wird aus der Gesamtheit der an inländischen Flughäfen stationierten Luftfahrzeugen eines Luftverkehrsunternehmens gebildet

(Amtlicher Leitsatz)

1. Eine Kündigungserklärung ist hinreichend bestimmt, wenn der Kündigungsadressat erkennen kann, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Im Fall einer ordentlichen Kündigung genügt hierfür regelmäßig die Angabe eines Beendigungszeitpunkts oder der Kündigungsfrist (Rn. 26).

2. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes findet nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung. Das gilt auch für Luftverkehrsbetriebe iSv. § 24 Abs. 2 KSchG. Bei diesen ist zwar das Vorhandensein einer betrieblichen Organisationsstruktur im Inland entbehrlich. Ein Luftverkehrsbetrieb iSv. § 24 Abs. 2 KSchG setzt aber das Vorhandensein von an inländischen Flughäfen stationierten Luftfahrzeugen vor[1]aus (Rn. 33, 35 f.).

3. Eine Stilllegung des (inländischen) Luftverkehrsbetriebs iSv. § 24 Abs. 2 KSchG verlangt nicht auch die Stilllegung der im Ausland stationierten Luftfahrzeuge (Rn. 41).

4. Die Übernahme einzelner Flugzeuge durch einen Erwerber stellt keinen Betriebsteilübergang dar. Bei Flugzeugen handelt es sich nicht um Betriebsteile, sondern um Betriebsmittel (Rn. 49).

5. Eine ausschließlich per Telefax bei der Agentur für Arbeit eingegangene Massenentlassungsanzeige erfüllt das „Schriftlichkeitserfordernis“ des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG sowie des Art. 3 Abs. 1 MERL (Rn. 61 ff.).

6. Marginale Abweichungen zwischen der tatsächlichen Entlassung und der vorangehenden Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit, die auf deren Tätigkeit keinen Einfluss haben, sind unbeachtlich (Rn. 71).

7. Eine konkludente Vereinbarung über die Anrechnung anderweitiger Beschäftigungszeiten oder ein Verzicht auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG setzt das Vorhandensein von entsprechenden Anhaltspunkten dafür voraus (Rn. 83).

(Orientierungssätze)