Der Bundestag hat am Freitag, 7.7.2023, den Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher gestärkt. Die Abgeordneten haben mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen von CDU/CSU und AfD bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke für einen vom Ausschuss geänderten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (20/6520, 20/6878) gestimmt. Der Abstimmung im Parlament lag eine Empfehlung des Rechtsausschusses (20/7631) zugrunde, die auch Änderungen am Gesetz enthält. Ein von der Linksfraktion zu dem Regierungsentwurf eingebrachter Entschließungsantrag (20/7634) wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetzentwurf soll die genannte EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie zielt darauf ab, EU-weit den Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zu stärken, weil durch verbraucherrechtswidrige Geschäftspraktiken von Unternehmen regelmäßig viele Verbraucher geschädigt würden. Zu ihrem Schutz sei es nötig, unerlaubte Praktiken flächendeckend zu beenden und Abhilfe zu schaffen, heißt es im Gesetzentwurf.
Die Richtlinie verpflichtet die EU-Staaten, zwei Arten von Verbandsklagen vorzusehen. Verbände müssen danach das Recht haben, im eigenen Namen Unterlassungsklagen, durch die Verstöße gegen Verbraucherrecht beendet werden können, und Abhilfeklagen, durch die Verbraucherrechte durchgesetzt werden können, zu erheben.
Neues Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz
Abhilfeklagen gibt es im deutschen Recht bislang nicht. Die Regelungen für Abhilfeklagen von Verbänden sollen in einem eigenen Stammgesetz, dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz, gebündelt werden. Darin sollen auch die bestehenden Regelungen der Zivilprozessordnung über die Musterfeststellungsklage integriert werden. Durch Änderungen im Unterlassungsklagengesetz und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie in einigen weiteren Gesetzen sollen die schon bestehenden Regelungen über Unterlassungsklagen durch Verbände an die Vorgaben der Richtlinie angepasst werden, schreibt die Regierung. Zusätzlich sollen ergänzende Regelungen zu Unterlassungsklagen und Abhilfeklagen in anderen Gesetzen geschaffen werden.
Die Bundesregierung geht in ihrem Entwurf davon aus, dass die Neuregelungen zu Entlastungen bei Bürgerinnen und Bürgern, in der Wirtschaft sowie bei den Gerichten der Länder führen werden. Sie rechnet mit jährlich 15 Abhilfeklagen durch Verbände gegen Unternehmen, dafür sollen 22.500 Individualklagen entfallen.
Änderungen im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hatte am Mittwoch, 5.7.2023, auf Antrag der Koalitionsfraktionen diverse Änderungen an dem Entwurf. So wurden etwa die Voraussetzungen, unter denen kleine Unternehmen Verbraucherinnen und Verbrauchern prozessual gleichgestellt werden, verengt. Dies soll nur noch bei Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz beziehungsweise einer Jahresbilanz von nicht mehr als zwei Millionen Euro greifen. Eine weitere Anpassung betrifft das Verbraucherquorum. Hier soll es laut Änderungsantrag für die Zulässigkeit einer Klage ausreichen, „dass die klageberechtigte Stelle allein die mögliche Betroffenheit … von mindestens 50 Verbraucherinnen und Verbrauchern darzulegen hat. Ein Beweis der tatsächlichen Betroffenheit ist für die Zulässigkeit einer Verbandsklage nicht vorausgesetzt“, heißt es zur Begründung.
Zudem wurde auf Antrag der Koalitionsfraktionen eine Verlängerung der Geltungsdauer des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes um acht Monate bis zum 31.8.2024 beschlossen. Damit solle ein angemessener Zeitraum für eine „zügige Reform“ des Gesetzes gewährleistet werden. Vertreter der Koalitionsfraktionen hatten Anfang der Woche einen entsprechenden Zeitplan für die Reform angekündigt.
(Deutscher Bundestag, Meldung vom 7.7.2023)