Das BAG hat mit Urteil vom 1.6.2022 – 5 AZR 28/22 – wie folgt entschieden:
1. Die Anordnung, entsprechend einem betrieblichen Hygienekonzept PCR-Tests auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 vorzunehmen, betrifft Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb, § 106 Satz 2 GewO (Rn. 25).
2. Nach § 106 Satz 2 iVm. Satz 1 GewO bilden die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, die der Arbeitgeber mit Weisungen umsetzt, insoweit die Grundlage des Weisungsrechts. Geben die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzanforderungen keine klar definierten Maßnahmen zwingend vor, hat diese Umsetzung unter Beachtung billigen Ermessens (§ 106 Satz 1 GewO) zu erfolgen. Sie kann in diesem Rahmen auch über die durch die Arbeitsschutzregeln vorgegebenen Mindeststandards hinausgehen (Rn. 22, 26).
3. Das billige Ermessen, das bei der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts nach § 106 Satz 2 iVm. Satz 1 GewO zu wahren ist, wird inhaltlich auch durch die Grundrechte des Arbeitnehmers mitbestimmt. Wenn es sich beim Arbeitgeber um eine selbst nicht grundrechtsfähige juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, ist die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Grundrechte des Arbeitnehmers zu prüfen (Rn. 35).
4. Der mit einem PCR-Test (Nasen-Rachen-Abstrich) verbundene Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist minimal und mit Blick auf die damit bei Einbettung in ein betriebliches Hygienekonzept verfolgten legitimen arbeitsschutzrechtlichen Ziele verhältnismäßig und gerechtfertigt (Rn. 36 ff., 45 ff.).
5. Die Datenverarbeitung bei der Umsetzung einer im Rahmen eines arbeitsschutzrechtlichen Hygienekonzepts vorgesehenen Corona-Testpflicht kann nach § 26 Abs. 3 BDSG iVm. Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO zur Ausübung von Rechten bzw. zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich und damit zulässig sein. Der Datenschutz genießt gegenüber dem Arbeitsschutz keinen absoluten Vorrang (Rn. 62 ff.).
(Orientierungssätze)