Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird in den Konzernabschlüssen 2021 schwerpunktmäßig Lieferkettenfinanzierungen (Reverse Factoring) überprüfen, weil diese Art der Unternehmensfinanzierung immer häufiger eingesetzt wird. Als unmittelbare Konsequenz aus dem Fall Wirecard plant die BaFin zudem, in
begründeten Einzelfällen auch zu prüfen, ob angegebene Zahlungsmittel und Vermögenswerte
tatsächlich vorhanden sind. Darüber hinaus wird die Aufsicht verstärkt auf nachvollziehbare und
nachprüfbare Buchführungsunterlagen achten.
Beim Reverse Factoring handelt es sich um Vereinbarungen, in denen sich Käufer und Verkäufer darauf
verständigen, dass die Schuld des Käufers von einem Dritten beglichen wird. Das International Financial
Reporting Standards Interpretations Committee hatte hierzu im Dezember 2020 konkretisierende Vorgaben
veröffentlicht. Ihr Augenmerk wird die BaFin vor allem darauf richten, wie Reverse-Factoring-Transaktionen
in den Bilanzen und der Kapitalflussrechnungen dargestellt werden. Sie wird zudem überprüfen,
ob die Unternehmen im Anhang und Lagebericht die erforderlichen Angaben machen.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hatte Ende Oktober für alle europäischen
Enforcer zudem folgende Prüfungsschwerpunkte festgelegt: Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
(Impacts of COVID-19), klimabezogene Risiken (Climate-related matters), erwartete Kreditausfälle
(Expected credit losses disclosures).
Die BaFin bereitet sich auf die Kontrolle der Bilanzen von 531 deutschen Unternehmen des Regulierten
Marktes vor. Sie wird dafür ab Jahresbeginn 2022 die alleinige Verantwortung tragen. Die Bilanzkontrolle
in Deutschland wird zum Jahreswechsel von einem zweistufigen auf ein einstufiges System umgestellt.
Grundlage ist das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG). Im September hatte
die BaFin dafür bereits die Gruppe Bilanzkontrolle eingerichtet, die rund 60 Beschäftigte umfassen
wird. Seit 2005 waren Anlass- und Stichprobenprüfungen (Stufe 1) Aufgabe der privatrechtlich organisierten
Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Die BaFin konnte bislang nur einschreiten
(Stufe 2), wenn ein Unternehmen nicht freiwillig an der DPR-Prüfung mitwirkte oder nicht einverstanden
mit deren Prüfungsergebnis war, alternativ, wenn die BaFin erhebliche Zweifel am Ergebnis oder
der Durchführung der DPR-Prüfung hatte.
(PM BaFin vom 29.11.2021)