Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 15.11.2021 – NotZ(Brfg) 2/21 –
entschieden, dass bei der Bewerbung um eine Notarstelle die Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Insolvenzverwalterin bei der sog. Wartezeit nicht berücksichtigt werden kann. Dass die Insolvenzverwaltung zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehört, ist dabei nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die ausgeübte anwaltliche Tätigkeit geeignet ist, das für das Notaramt nötige Erfahrungswissen im Umgang mit den Rechtsuchenden zu vermitteln. Um eine dem Willen der Beteiligten entsprechende – wirksame – Urkunde zu errichten, muss der Notar das Anliegen der (künftigen) Urkundsbeteiligten erfassen und ihm – soweit zulässig – rechtliche Wirkung verleihen. Die Erforschung individueller Interessen und deren rechtskonforme Umsetzung ist ebenfalls Teil der anwaltlichen Beratung eines Mandanten. Nicht damit vergleichbar ist jedoch die Tätigkeit des Insolvenzverwalters, mag er auch den Status eines Rechtsanwalts haben, bei der das (Amts-)Interesse an der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben im Vordergrund steht. Eine in diesem Zusammenhang vorgenommene Beratung einzelner Beteiligter ist im Ergebnis den Zielen des Insolvenzverfahrens untergeordnet und steht einer „klassischen“ anwaltlichen Rechtsberatung nicht gleich.
(PM BGH vom Nr. 211/2021 vom 16.112021)