Der BFH hat mit Urteil vom 14.4.2021 – X K 3/20 – entschieden:
1. NV: Wenn ein isoliertes PKH-Verfahren, das zunächst bei einem offensichtlich unzuständigen Gericht anhängig gemacht worden war, von diesem erst 45 Monate nach Verfahrenseingang an das zuständige Gericht verwiesen wird, muss das zuständige Gericht das bereits erheblich verzögerte Verfahren grundsätzlich unverzüglich fördern. Die für isolierte finanzgerichtliche PKH-Verfahren ohne wesentliche Besonderheiten geltende Vermutung, dass die Verfahrensdauer noch angemessen ist, wenn das Gericht gut acht Monate nach der Einleitung des Verfahrens mit Maßnahmen zur Entscheidungsfindung beginnt und ab diesem Zeitpunkt nicht für nennenswerte Zeiträume inaktiv bleibt (BFH-Urteil vom 20.03.2019 – X K 4/18, BFHE 263, 498, BStBl II 2020, 16, Rz 56 ff.), ist hier nicht anwendbar.
2. NV: Der Senat hält grundsätzlich daran fest, dass ein Gericht sich jedenfalls in einem Verfahren, dessen Dauer bereits als deutlich unangemessen anzusehen ist, nicht mehr auf die bloße Weiterleitung eingehender Schriftsätze beschränken darf, sondern das Verfahren aktiv fördern muss (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.2018 – X K 3-6/17, BFH/NV 2019, 27, Rz 69). Im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R, SozR 4-1720 § 198 Nr. 4, Rz 57) ist aber beim Eingang sehr komplexer Schriftsätze oder beim Eingang zahlreicher Schriftsätze innerhalb desselben Monats auch ohne erkennbares Tätigwerden des Gerichts davon auszugehen, dass der Monat des Schriftsatzeingangs noch Teil der angemessenen Verfahrensdauer ist.
3. NV: Wenn ein Beteiligter teilweise unterliegt, ist ihm –oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO– auch dann ein Kostenanteil aufzuerlegen, wenn zwischen dem zugesprochenen und dem beantragten Betrag weder im Bereich der Gerichtskosten noch im Bereich der Rechtsanwaltsvergütung ein Gebührensprung liegt.
(Amtliche Leitsätze)
Volltext BB-Online BBL2021-2390-7