Das BAG hat mit Vorlagebeschluss (EuGH) vom 27.4.2021 – 9 AZR 383/19 (A) – ECLI:DE:BAG:2021:270421.B.9AZR383.19A.0 – entschieden:
Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung folgender Fragen ersucht:
1. Ist Art. 38 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 38 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), entgegensteht, die die Abberufung des Datenschutzbeauftragten durch den Verantwortlichen, der sein Arbeitgeber ist, an die dort genannten Voraussetzungen knüpft, unabhängig davon, ob sie im Wege der Erfüllung seiner Aufgaben erfolgt? Falls die erste Frage bejaht wird:
2. Steht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO einer solchen Bestimmung des nationalen Rechts auch dann entgegen, wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten nicht nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend ist, sondern nur nach dem Recht des Mitgliedstaats? Falls die erste Frage bejaht wird:
3. Beruht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, insbesondere soweit er Datenschutzbeauftragte erfasst, die in einem Arbeitsverhältnis zum Verantwortlichen stehen? Falls die erste Frage verneint wird:
4. Liegt ein Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vor, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich das Amt des Vorsitzenden des in der verantwortlichen Stelle gebildeten Betriebsrats innehat? Bedarf es für die Annahme eines solchen Interessenkonflikts einer besonderen Aufgabenzuweisung innerhalb des Betriebsrats.
(Leitsätze)
1. Der Senat kann nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit beurteilen, ob die Regelung in § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG, der zufolge ein verpflichtend benannter Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann, mit Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO vereinbar ist, der keinen derartigen Schutz vor Abberufungen vorsieht (Rn. 20 ff.).
2. Falls § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG unangewendet zu bleiben hat, lässt sich dem Unionsrecht nicht eindeutig entnehmen, ob dies lediglich für Fälle gilt, in denen nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO ein Datenschutzbeauftragter verpflichtend zu benennen ist oder auch dann, wenn die Verpflichtung nur nach dem Recht des Mitgliedstaats besteht (Rn. 27).
3. Falls § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG neben Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO zur Anwendung kommt, ist für die Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Abberufungsgrundes für den Senat entscheidungserheblich, ob ein Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vorliegt, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich das Amt des Vorsitzenden des bei der verantwortlichen Stelle gebildeten Betriebsrats innehat (Rn. 39 ff.).
4. Der Senat hat den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV um Klärung der vorstehenden Fragestellungen ersucht.
(Orientierungssätze)