Der DStV diskutierte im Webtalk mit Vertretern des Deutschen Bundestags, des BMF und der Wirtschaft über den Status Quo und dringenden Reformbedarf bei der steuerlichen Außenprüfung.
Wie steht es um die steuerliche Betriebsprüfung? Welche Reformüberlegungen gibt es? Diesen Fragen ging der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) in seiner Reihe „Digital Deep Dive“ unter dem Titel „Tax Certainty – Cooperative Compliance – Außenprüfung“ auf die Spur. Benjamin Koller (Referent Steuern und Finanzpolitik, BDI) moderierte den gelungenen Webtalk und diskutierte mit Vertretern des Bundestags, des BMF, der Wirtschaft und dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV), der durch RAin/StBin Sylvia Mein (DStV-Geschäftsführerin) vertreten war.
Die Berichte aus der Praxis von MdB StB Sebastian Brehm (CDU/CSU-Fraktion) sowie Syndikus-StB Knut Christians (Director Corporate Tax, Wieland-Werke AG), verdeutlichten: Der Wunsch nach frühzeitiger Rechtssicherheit ist hoch. Je zeitnäher eine Betriebsprüfung abgeschlossen werden kann, desto besser.
Mein unterstrich dieses Ansinnen. Eine zeitlich erst spät durchgeführte Prüfung habe schließlich auch rein praktische Probleme. Zu denken sei hier etwa an Anteilseigner- oder schlicht Abteilungsleiterwechsel, die eine zügige, strukturierte Aufarbeitung bei lang zurückliegenden Sachverhalten erschweren. Hinzu würden für Steuerpflichtige unliebsame Zinsbelastungen kommen. Der Bericht des Bundesministeriums der Finanzen aus Oktober 2020 zeige, dass 16,7 % der erzielten Mehrergebnisse bei Betriebsprüfungen 2019 aus Zinsen resultierten. Durch die sich über die Jahre ständig im Wandel befindliche Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen entstehe eine die Unternehmen und deren steuerliche Berater belastende Rechtsunsicherheit.
Neben der langen Dauer stand auch die zum Teil umständliche Kommunikation mit den Finanzbehörden im Fokus der Kritik. Brehm monierte die vielfach schwierige elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden und war ganz auf einer Linie mit Mein. Auch sie bemängelte digitale Ausstattungsdefizite bei der Finanzverwaltung. So müssten etwa durch die in vielen Fällen gewählte Z3-Zugrifssmethode die Daten auf einer DVD oder CD nach wie vor per Post an die Finanzverwaltung geschickt werden. Auch der Kontakt zum Prüfer während der Prüfung gelinge nur über Umwege – etwa über ein zentrales E-Mail-Postfach der Finanzverwaltung. Dies verzögere den Ablauf. Die von Bund und Ländern geplante, datenschutzsichere Container-Lösung wäre hier eine immense Erleichterung und müsse zügig eingeführt werden.
Darüber, dass steuerliche Betriebsprüfungen effizienter ablaufen könnten, schienen sich die Diskutanten einig. MR Dr. Thomas Eisgruber (Leiter Referat IV A 8, Bundesministerium der Finanzen) betonte, dass Bund und Länder sich bereits intensiv Gedanken zu dem Thema machten. Er habe beispielsweise großes Verständnis für den Wunsch nach einer schnellen, medienbruchfreien Kommunikation. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass nicht aufeinander abgestimmte Sicherheitssysteme dieses Vorhaben erschweren würden.
Auch müsse nach seiner Auffassung zwischen großen und kleinen bzw. mittleren Unternehmen (KMU) unterschieden werden. Während bei KMU die steuerliche Betriebsprüfung bereits durch kleinere Anpassungen verbessert werden könne, müsse man bei großen Unternehmen gegebenenfalls an die Grundlagen der Prüfung ran. Dabei könne die Rolle von innerbetrieblichen Kontrollsystemen zunehmen. Zudem könne eine Teilbestandskraft für bestimmte Sachverhalte angedacht werden. Im Zusammenhang mit Verbesserungen müsse gleichfalls das Sanktionssystem novelliert werden. Unabhängig von der genauen Ausgestaltung der Reformansätze sei für ihn aber klar: Man werde an dem System „erst Erklären, dann Prüfen“ festhalten.
Mein zeigte sich grundsätzlich interessiert. Gleichzeitig wies sie aber darauf hin, dass es im Falle eines umfassenden Systemwechsels wichtig sei, dass dieser konsistent in das System der Abgabenordnung eingebettet werde. Er dürfe nicht zulasten der Rechtspositionen der Steuerpflichtigen gehen. Insofern sei eine eingehende Diskussion mit den Betroffenen im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses geboten. Kritisch äußerte sich Mein ferner zu der angedeuteten unterschiedlichen Behandlung abhängig von der Unternehmensgröße.
Mein hob hervor, dass statt eines Systemwechsels bereits Neuerungen an vorhandenen Instrumenten helfen würden. Das bestehende System der zeitnahen Betriebsprüfung solle gestärkt werden, indem es beispielsweise auch KMU eröffnet und durch ein Antragsrecht ergänzt würde.
Die Diskutanten schienen sich im Ergebnis alle für einen stärkeren kooperativen Ansatz auszusprechen. Der Webtalk ist zum Nachschauen in voller Länge auf YouTube abrufbar.
(Quelle: PM DStV vom 31.5.2021)