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BAG: Teilzeitausbildung – Ausbildungsvergütung – Pro-rata-temporis-Grundsatz

Das BAG hat mit Urteil vom 1.12.2020 – 9 AZR 104/20, ECLI:DE:BAG:2020:011220.U.9AZR104.20.0 – entschieden:

1. § 8 Abs. 1 TVAöD – BT verlangt in gesetzeskonformer Auslegung in Fällen der Teilzeitausbildung eine am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG orientierte Umrechnung der dort genannten Entgeltbeträge unter Berücksichtigung der vereinbarten Ausbildungszeit. Teilzeitauszubildenden ist danach eine Ausbildungsvergütung nur in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Ausbildungszeit an der eines vergleichbaren Auszubildenden in Vollzeit entspricht (Rn. 29 ff).

2. Nach § 8 Abs. 4 TVAöD – BT haben Auszubildende, wenn sie von der betrieblichen Ausbildung freigestellt sind, um ihnen die Teilnahme am Berufsschulunterricht zu ermöglichen, entsprechend der Regelung in §§ 15, 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG aF, allein einen Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung (Rn. 33). Das Berufsbildungsgesetz geht bei der rechtlichen Ordnung der Berufsausbildung von einem dualen System aus, das durch ein Zusammenwirken von betrieblicher und schulischer Ausbildung gekennzeichnet ist. Die aus der Verpflichtung zum Besuch der Berufsschule resultierende faktische Mehrbelastung von Teilzeitauszubildenden beruht nicht auf dem vertraglichen Rechtsverhältnis von Ausbildendem und Auszubildenden. Sie ist deshalb bei der Bemessung der Ausbildungsvergütung nicht vergütungserhöhend zu berücksichtigen (Rn. 35 ff.).

3. Die Kürzung der an Ausbildung in Teilzeit zu zahlenden Ausbildungsvergütung entsprechend dem Pro-rata-temporis-Grundsatz steht im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF, sofern die je Zeiteinheit zu zahlende Ausbildungsvergütung angemessen ist und die Funktionen der Ausbildungsvergütung gleichrangig berücksichtigt sind. Die Ausbildungsvergütung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF hat regelmäßig die Funktion, Auszubildende und ihre unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell zu unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften zu gewährleisten und die Leistungen Auszubildender in gewissem Umfang zu „entlohnen“ (Rn. 44). Sie muss den Bedarf des Auszubildenden für seinen Lebensunterhalt und die Ausbildung nicht vollständig decken, sondern hat – anders als die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) – vielmehr nur eine Unterstützungsfunktion (Rn. 46).

5. Für die Gesamtheit der Regelungen eines Tarifvertrags ist zu vermuten, dass die divergierenden Interessen angemessen ausgeglichen werden. Eine tarifliche Ausbildungsvergütung gilt, wenn das Ausbildungsverhältnis, in den Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt und dieser für den Ausbildenden gelten würde, wenn er gemäß § 3 TVG tarifgebunden wäre, als angemessen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF (Rn. 45).

(Orientierungssätze)