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BAG: (Freigestelltes) Betriebsratsmitglied – (Mindest-)Entgeltschutz – Korrektur der Vergütungsanpassung durch den Arbeitgeber – Darlegungs- und Beweislast – Zeitpunkt für Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer als Anknüpfung des Vergütungsanpassungsanspruchs

BAG, Urteil vom 20. März 2025 – 7 AZR 159/24

  1. In Anwendung des im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen
    Streitgegenstandsbegriffs (Rn. 21) bilden die betriebsverfassungsrechtlich geprägten
    Ansprüche eines (freigestellten) Betriebsratsmitglieds auf eine Vergütungserhöhung
    auf Grundlage der Mindestentgeltgarantie nach § 37 Abs. 4 BetrVG und einer fiktiven
    Beförderung nach § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB zwei unterschiedliche
    Streitgegenstände (Rn. 22).
  2. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG garantiert Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines
    Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit das Arbeitsentgelt, das
    vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung erzielen (Rn. 30 f.). Für
    den Arbeitgeber regelt § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG eine entsprechende Verpflichtung
    zur Vergütungsanpassung (Rn. 32).
  3. Wenn ein Betriebsratsmitglied einen auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gestützten Anspruch
    auf Erhöhung seiner Vergütung geltend macht, trifft es nach den allgemeinen
    Regeln die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen, wobei
    diesbezüglich ggf. auch Auskunftsansprüche bestehen und Beweiserleichterungen anzunehmen
    sind (Rn. 33).
  4. Hat der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied eine Vergütungserhöhung gewährt,
    die sich nach der objektiven Sachlage für das Betriebsratsmitglied als bloße Anpassung
    seines Entgelts entsprechend § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darstellen durfte, hat
    der Arbeitgeber deren objektive Fehlerhaftigkeit darzulegen und ggf. zu beweisen,
    wenn er die angepasste Vergütung nachträglich im Sinn einer Rücknahme oder Kürzung
    korrigiert (Rn. 34).
  5. Die (Mindest-)Entgeltgarantie von § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG knüpft grundsätzlich
    an die bei Amtsübernahme im Betrieb ausgeübte konkrete berufliche Tätigkeit an.
    Nach ihr bestimmt sich der Kreis vergleichbarer Arbeitnehmer, an deren betriebsüblicher
    Entgeltentwicklung das Betriebsratsmitglied teilnehmen soll. Zu dessen Bestimmung
    ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen, sofern
    nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt (Rn. 41 ff.).
  6. Die auf einen vor der Amtsübernahme liegenden Zeitpunkt abhebende Bestimmung
    der vergleichbaren Arbeitnehmer ist auch dann nicht zulässig, wenn das Betriebsratsmitglied
    vor der Übernahme des Betriebsratsamts von seiner Arbeitsleistung (im vorliegenden
    Streitfall zum Zwecke gewerkschaftlicher Tätigkeit) freigestellt war. Hat das
    Betriebsratsmitglied im Zeitpunkt seiner Amtsübernahme – gleich aus welchem
    Grund – keine Arbeitsleistung erbracht, ist die von ihm nach dem Arbeitsvertrag geschuldete
    Tätigkeit maßgeblich (Rn. 46).

(Orientierungssätze)