Das Kriterium zur Beurteilung, ob das Steuersystem eines Landes fair ist oder nicht, muss erweitert werden
Länder sollten nicht von der schwarzen Liste gestrichen werden, wenn sie nur symbolische Änderungen vornehmen
Ein Unternehmenssteuersatz von 0% sollte automatisch dazu führen, auf die schwarze Liste gesetzt zu werden
Die Liste muss durch ein rechtsverbindliches Instrument bis Ende 2021 formalisiert werden
In einer Entschließung drängen die Abgeordneten darauf, das System zur Erstellung der EU-Liste der Steueroasen zu ändern, da die Liste „für Missverständnisse sorgt und kaum wirksam ist“.
Die EU-Liste der Steueroasen, die 2017 erstellt wurde, habe bisher „positive Auswirkungen“ gehabt, sei aber „ihren Möglichkeiten nicht vollständig gerecht“ geworden, da „Gebiete, die in der Liste genannt sind, für weniger als 2% der weltweiten Einbußen an Steuereinnahmen verantwortlich sind“, so die Abgeordneten. Die Resolution, die am Donnerstag im Plenum mit 587 Stimmen bei 50 Gegenstimmen und 46 Enthaltungen angenommen wurde, besagt, dass die Liste, so wie sie gegenwärtig verwaltet wird, „für Missverständnisse sorgt und kaum wirksam ist“. Die Verabschiedung der Entschließung bildet den Abschluss der Debatte zu dem Thema, die am Mittwochabend mit der EU-Ratspräsidentschaft und der Kommission geführt wurde.
Die Abgeordneten schlagen Änderungen vor, um die Aufnahme in die (und die Streichung aus der) Liste transparenter und kohärenter zu machen, mit stärker unparteiisch ausgerichteten Kriterien. Es sollten Kriterien hinzugefügt werden, um sicherzustellen, dass mehr Länder als Steueroase eingestuft werden, und um zu verhindern, dass Länder überstürzt von der schwarzen Liste gestrichen werden, heißt es in dem Text. EU-Mitgliedsstaaten sollten anhand derselben Kriterien geprüft werden, die für die EU-Liste festgelegt wurden und gegebenenfalls ebenfalls als Steuerparadiese betrachtet werden.
Nach der Abstimmung sagte der Vorsitzende des Unterausschusses für Steuerangelegenheiten, Paul Tang (S&D, NL): „Das Parlament spricht es klar und deutlich aus: Die EU-Liste der Steueroasen sorgt für Missverständnisse und ist kaum wirksam. Während die Liste ein gutes Instrument sein kann, haben die Mitgliedsstaaten etwas vergessen, als sie sie zusammenstellten, und zwar die wirklichen Steueroasen. Die Wahrheit ist, dass die Liste nicht besser, sondern schlechter wird. Guernsey, die Bahamas und jetzt die Kaimaninseln sind nur einige der bekannten Steueroasen, die die Mitgliedsstaaten von der Liste genommen haben. Indem sie sich weigern, die Steuervermeidung richtig anzugehen, gehen den nationalen Regierungen – und damit ihren Bürgern – ungefähr 140 Milliarden Euro durch die Lappen. Gerade in der aktuellen Lage ist dies unannehmbar.“
„Deshalb verurteilt das Parlament die vor kurzem erfolgte Streichung der Kaimaninseln von der Liste aufs Schärfste und fordert mehr Transparenz und strengere Kriterien für die Aufnahme in die Liste. Wenn wir auf andere Länder zeigen, müssen wir uns auch selbst an die Nase fassen, und da gibt es keine guten Nachrichten, denn die EU-Länder sind für 36% der Steueroasen verantwortlich.“
Das Parlament sagt, dass das Kriterium der fairen Besteuerung nicht nur auf den Vorzugscharakter von steuerlichen Maßnahmen beschränkt sein, sondern weitere Praktiken im Blick haben sollte. Dass die Kaimaninseln, die einen Unternehmenssteuersatz von 0% haben, vor kurzem von der schwarzen Liste gestrichen wurden, sei Beweis genug dafür. Neben anderen Maßnahmen schlagen die Abgeordneten daher vor, Drittländer und -gebiete, die einen Unternehmenssteuersatz von 0% haben oder Unternehmensgewinne nicht besteuern, automatisch in die Liste aufzunehmen.
Die Abgeordneten fordern, dass die Streichung von der schwarzen Liste nicht das Ergebnis lediglich kleiner Änderungen am Steuersystem sein sollte. So seien beispielsweise die Kaimaninseln und Bermuda von der Liste gestrichen worden, nachdem sie „sehr geringfügige substanzielle Kriterien und schwache Durchsetzungsmaßnahmen“ eingeführt hatten. In der Entschließung wird daher gefordert, dass die Prüfkriterien strenger sein sollten.
(Quelle: Europäisches Parlament, PM 20210114IPR95631 vom 21.1.2021)