BAG, Urteil vom 9. Juli 2024 – 9 AZR 296/20 –
1. Der vollständige Ausschluss Teilzeitbeschäftigter von der Gewährung bezahlter Al-tersfreizeit gemäß § 2a Ziff. 1 Abs. 2 Satz 1 MTV verstößt gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG (Rn. 19 ff.). Mit der Regelung haben die Tarifvertragsparteien ihre Rechtset-zungsbefugnis – auch unter Berücksichtigung ihres Beurteilungs- und Ermessensspiel-raums – überschritten (Rn. 31 ff.).
2. Die Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG steht einer Überprüfung des tariflichen Ausschlusses Teilzeitbeschäftigter von der bezahlten Altersfreizeit am Maßstab des Benachteiligungsverbots des § 4 Abs. 1 TzBfG nicht entgegen. Tarifvertragliche Re-gelungen müssen mit höherrangigem Recht vereinbar sein (Rn. 27).
3. Besteht eine Tatsacheneinschätzung der Tarifvertragsparteien darin, dass eine aus-zugleichende Belastung nur bei einer Vollzeitbeschäftigung gegeben ist, unterliegt diese Bewertung einer – eingeschränkten – gerichtlichen Kontrolle. Liegt der Tatsa-cheneinschätzung nicht erkennbar ein allgemeiner Erfahrungssatz zugrunde, sind die Kriterien, auf denen die Einschätzung beruht, näher darzulegen (Rn. 30 ff.).
4. Die sich allein am Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit von älteren Arbeitnehmern orientierende Differenzierung bei der Gewährung vergüteter Altersfreizeit ist nicht durch Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt. Es gibt keinen allgemei-nen Erfahrungssatz, der die Annahme rechtfertigen könnte, für Arbeitnehmer ab Voll-endung des 58. Lebensjahres bestehe eine qualitative Belastung erst ab einer regel-mäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden (Rn. 34).
5. Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG folgt, dass die Tarifregelung nach § 134 BGB nichtig ist. Die Diskriminierung kann allein durch eine „Anpassung nach oben“ beseitigt wer-den (Rn. 35).
(Orientierungssätze)