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BAG: Verbandstarifvertrag – Einwirkungsanspruch – Beschwer – Bestimmtheit des Antrags

BAG, Urteil vom 12. Juni 2024 – 4 AZR 334/22

  1. Eine Berufung ist unzulässig, wenn sie nicht wenigstens teilweise den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch weiterverfolgt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Wird die – zumindest teilweise – Beseitigung der Beschwer nur mit einem Hilfsbegehren erstrebt, ist die Berufung nur insoweit zulässig (Rn. 16).
  2. Der Antrag einer Gewerkschaft gegen einen Arbeitgeberverband, auf seine Mitglieder einzuwirken, damit diese auf die bei ihnen beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmer die einschlägigen Tarifverträge anwendet (sog. Einwirkungsklage), muss hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Das setzt die namentliche Bezeichnung des Tarifvertrags und – jedenfalls im Fall mehrerer Tarifverträge mit derselben Bezeichnung – die Angabe des Abschlussdatums voraus. Der namentlichen Benennung der Gewerkschaftsmitglieder im Antrag bedarf es nicht (Rn. 37, 40).
  3. Ein Verfahren nach § 99 ArbGG ist kein einfacherer und billigerer Weg zur Durchsetzung eines Einwirkungsanspruchs als die hierauf gerichtete Leistungsklage. Es ist auf eine andere Rechtsfolge – eine Entscheidung über den nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag – gerichtet und führt nicht zu einem Vollstreckungstitel (Rn. 47).
  4. Ein Einwirkungsanspruch setzt die rechtskräftige Feststellung eines tarifwidrigen Verhaltens jedenfalls dann nicht voraus, wenn die Tarifvertragsparteien darüber strei-ten, ob der Tarifvertrag, auf den die Einwirkungsklage gestützt ist, nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG verdrängt ist (Rn. 47).
  5. Die Einwirkungspflicht besteht nur hinsichtlich unmittelbar und zwingend geltender Tarifnormen (§ 3 Abs. 1 und 3, § 4 Abs. 1 TVG), nicht aber in Bezug auf Tarifnormen im Nachwirkungszeitraum (Rn. 48).
  6. Ein Einwirkungsanspruch der Gewerkschaft kommt nur in Bezug auf diejenigen Betriebe in Betracht, in denen sie vertreten ist. Die Gewerkschaft trägt für ihr Vertreten sein die Darlegungs- und Beweislast (Rn. 50).

(Orientierungssätze)