1. Hat das Finanzgericht wirksam eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens gesetzt, kann die Ausschlussfrist nicht allein durch die fristgerechte Einreichung einer Steuererklärung beim Finanzamt gewahrt werden (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH, Beschlüsse vom 26. Januar 1995 V B 63/94, BFH/NV 1995, 896; und vom 25. Juli 2023 VIII B 31/22, BFH/NV 2023, 1215).
2. Auch für Schätzungsfälle, in denen der Gegenstand des Klagebegehrens durch Einreichung der Steuererklärung bezeichnet wird, ergibt sich aus der fehlenden Möglichkeit, Steuererklärungen an das Finanzgericht elektronisch zu übermitteln, keine abweichende rechtliche Beurteilung.
3. Das Finanzgericht ist nach wirksamer Setzung der Ausschlussfrist – auch nach § 71 Abs. 2 FGO – nicht verpflichtet, den Inhalt weiterer, bis zum Ablauf der Ausschlussfrist allein zur Steuerakte, nicht aber zur Gerichtsakte gelangter Vorgänge zu berücksichtigen.
4. Durfte der Kläger mit einer im gewöhnlichen Geschäftsgang rechtzeitigen Weiterleitung seiner beim Finanzamt nachgereichten Steuererklärung an das Finanzgericht rechnen, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.
Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.5.2024 – 9 K 151/23
(Amtliche Leitsätze)
Volltext BB-Online BBL2024-2261-4