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BAG: Betriebsratswahl – weniger Wahlbewerber als Sitze

BAG: Beschluss vom 24. 4. 2024 – 7 ABR 26/23; ECLI:DE:BAG:2024:240424.B.7ABR26.23.0

Es steht der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegen, wenn weniger Arbeitnehmer für das Betriebsratsamt kandidieren als die nach der Staffel des § 9 BetrVG festgelegte Zahl der Betriebsratsmitglieder. In einem solchen Fall ist bei der Betriebsratsgröße auf die jeweils nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen, bis die Zahl von Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.

(Amtlicher Leitsatz)

1. Ein in einem anwaltlichen Schriftsatz angegebenes Datum der Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung widerlegt in der Regel nicht die inhaltliche Richtigkeit eines zuvor ordnungsgemäß abgegebenen (elektronischen) Empfangsbekenntnisses, welches ein späteres Zustellungsdatum ausweist (Rn. 16 ff.).

2. Das besondere rechtliche Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl entfällt im Falle einer zwischenzeitlichen Neuwahl des Betriebsrats – im Gegensatz zum Rechtsschutzinteresse für einen Wahlanfechtungsantrag nach § 19 BetrVG – ausnahmsweise nur dann, wenn aus dieser Feststellung keinerlei Rechtsfolgen mehr resultieren können (Rn. 22).

3. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG werden in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt. § 9 BetrVG legt eine nach der Betriebsgröße gestaffelte Zahl der Betriebsratsmitglieder fest. Eine ermäßigte Zahl der Betriebsratsmitglieder gilt nach § 11 BetrVG für den Fall, dass ein Betrieb nicht die ausreichende Zahl von wählbaren Arbeitnehmern hat (Rn. 29).

4. Ein Betriebsrat kann auch gewählt werden, wenn weniger Wahlbewerber zur Verfügung stehen als Betriebsratssitze zu besetzen sind. Das folgt aus dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgedrückten gesetzgeberischen Leitbild, dass in betriebsratsfähigen Betrieben Betriebsräte auch errichtet werden. Das in der Organisationsvorgabe des § 9 BetrVG ausgedrückte Prinzip, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer steht, genießt demgegenüber keinen absoluten Vorrang (Rn. 36 ff.).

5. Die Betriebsratsgröße bestimmt sich in der Konstellation von weniger Kandidaten als zu besetzenden Betriebsratssitzen dahingehend, dass auf die (jeweils) nächstniedrigere Staffel des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen ist, bis die Zahl von Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht (Rn. 52).

(Orientierungssätze)