Die Bundesregierung hat am 24.7.2024 einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem verbindliche europäische Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ins deutsche Recht umgesetzt werden sollen. Die EU-Vorgaben sind in der sog. CSR-Richtlinie enthalten (CSR steht für Corporate Sustainability Reporting).
Die Richtlinie sieht vor, dass bestimmte Unternehmen künftig erstmals oder in deutlich größerem Umfang als bislang darüber berichten müssen, welche sozialen und ökologischen Auswirkungen und Risiken ihre Aktivitäten haben. Die Bundesregierung ist zur Umsetzung der europäischen Vorgaben verpflichtet. Die Umsetzung ins deutsche Recht soll möglichst bürokratiearm erfolgen. Der Gesetzentwurf sieht deshalb eine Umsetzung der neuen Vorgaben nach dem sog. 1:1 Prinzip vor: Über Vorgaben des europäischen Rechts soll also nicht hinausgegangen werden. Außerdem vermeidet der Entwurf eine unnötige Doppelung der Berichtspflichten: Er sieht vor, dass Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht im Sinne der CSR-Richtlinie erstatten, damit zugleich auch ihre Berichterstattungspflicht nach dem nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erfüllen. Der Gesetzentwurf wurde im Bundesministerium der Justiz erarbeitet.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:
„Deutschland setzt die CSR-Richtline um, dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet. Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten. Es ist kein Geheimnis, dass ich darüber nicht glücklich bin. Die neuen Regelungen bedeuten eine drastische Mehrbelastung für die Unternehmen. Mit unserem Umsetzungsgesetz machen wir das so minimalinvasiv und bürokratiearm wie möglich. Gleichzeitig versuchen wir die zusätzlichen Lasten für die Wirtschaft abzufedern: Unternehmen, die nach den europäischen Vorgaben berichten werden, müssen dann nicht mehr nach dem deutschen Lieferkettengesetz berichten. So verhindern wir zumindest doppelte Arbeit. Wir haben uns außerdem in der Bundesregierung darauf verständigt, dass wir uns bei der Europäischen Kommission dafür einsetzen werden, die sehr umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder deutlich zu reduzieren. Der Abbau von Bürokratie bleibt eine drängende Daueraufgabe. Heute zeigt sich einmal mehr: Bürokratieabbau gelingt nicht allein in Berlin – gerade auch Brüssel ist gefragt.“
Der am 24.7.2024 im Kabinett beschlossene Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die Richtlinie wurde im Rahmen des „European Green Deal“ und der Strategie der Europäischen Kommission zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft verabschiedet.
Der Entwurf sieht vor, die europäischen Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach dem Prinzip 1:1 umzusetzen. Unternehmen werden dadurch künftig verpflichtet, zusammen mit ihrem Jahresabschluss einen sogenannten Nachhaltigkeitsbericht bereitzustellen. Damit soll der Umgang von Unternehmen mit Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsauswirkungen über die gesamte Wertschöpfungskette transparenter gemacht werden. Die Angaben sollen durch Wirtschaftsprüfer geprüft werden.
Schon nach bisheriger Rechtslage sind in Deutschland bestimmte Unternehmen zur Abgabe von Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet. Diese Informationen sind Gegenstand der sogenannten nichtfinanziellen Erklärung. Die Erklärung enthält allerdings nur sehr grundlegende Nachhaltigkeitsinformationen. Sie wird künftig durch den deutlich umfangreicheren Nachhaltigkeitsbericht abgelöst. Die Anzahl der Unternehmen, die künftig einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, wird deutlich größer sein als die Zahl von Unternehmen, die bislang eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben mussten. Auch werden Umfang und Detailgrad der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Vergleich zur bisherigen nichtfinanziellen Erklärung deutlich ausgeweitet. Wesentlicher Grund hierfür sind die sehr umfangreichen Europäischen Nachhaltigkeitsstandards, die die gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichtspflichten konkretisieren und vertiefen.
Die neue Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird soll in Deutschland schrittweise in Kraft treten. Für das erste Geschäftsjahr 2024 gilt die Nachhaltigkeitsberichterstattung nur für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. In den nachfolgenden Geschäftsjahren werden bis 2028 stufenweise weitere Gruppen von Unternehmen einbezogen.
Von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung werden schätzungsweise rund 14.600 deutsche Unternehmen betroffen sein (insbesondere Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften).
Der bürokratische Aufwand für die Unternehmen soll dabei auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt werden. Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, werden auch Änderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) vorgeschlagen. Unternehmen sollen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG künftig durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts erfüllen können: Sie können mit einem Bericht also zwei Pflichten gleichzeitig erfüllen.
Der Regierungsentwurf sieht insbesondere vor:
Anpassung der Regelungen im Handelsgesetzbuch hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen der in den Anwendungsbereich einbezogenen Unternehmen. Betroffen sind insbesondere die Vorschriften zum Lagebericht, zum Konzernlagebericht und zur Prüfung:
Von den Vorgaben erfasste Unternehmen müssen ihre (Konzern-)Lageberichte um einen Nachhaltigkeitsbericht erweitern. Dieser wird künftig auch Gegenstand der Prüfung wahlweise durch den Abschlussprüfer des Jahresabschlusses oder durch einen gesonderten Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts sein. In den Nachhaltigkeitsbericht sind diejenigen Angaben aufzunehmen, die für das Verständnis der Auswirkungen der Tätigkeiten der Kapitalgesellschaft auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Kapitalgesellschaft erforderlich sind. Nachhaltigkeitsaspekte sind Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren. Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auf näher bestimmte Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen von Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat erweitert, sofern diese Unternehmen (ggf. konzernweit) einen Gesamtumsatz von mehr als 150 Millionen Euro in der EU insgesamt haben.
Ferner werden Anpassungen der berufsrechtlichen Regelungen insbesondere über die Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfern, die Berufsgrundsätze, die Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer mit Blick auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer vorgenommen.
Durch Änderungen im Aktiengesetz soll geregelt werden, dass das für die Prüfung zuständige Organ der Aktiengesellschaft künftig auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung kontrollieren und prüfen muss.
Im Wertpapierhandelsgesetz sollen mit den vorgeschlagenen Regelungen die Änderungen der Transparenzrichtlinie infolge der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Emittenten nachvollzogen werden.
Zudem sollen die berufsrechtlichen Regelungen der Wirtschaftsprüferordnung, insbesondere über die Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfern, die Berufsgrundsätze, die Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer mit Blick auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer angepasst werden. Ferner soll die zusätzliche Prüfung zum Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte in der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung näher geregelt werden. Bei der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte soll sichergestellt werden, dass diese durch sachkundige, unabhängige und für diese Aufgabe qualifizierte Prüfer erfolgt, die strengen Berufsgrundsätzen, einer fortlaufenden Qualitätskontrolle und der Berufsaufsicht unterliegen.
Den Regierungsentwurf sowie weitergehende Informationen finden Sie hier.