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BAG: Unwirksame Arbeitnehmerüberlassung – Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten

BAG, Urteil vom 5.3.2024 – 9 AZR 204/23

  1. Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer kommt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist und der Arbeitnehmer keine Festhaltenserklärung abgibt.
  2. Der Unwirksamkeitsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG ist erfüllt, wenn die Arbeitnehmerüberlassung entgegen § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist (Rn. 16).
  3. Die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG und der Konkretisierungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG setzt das Bestehen eines formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zum Zeitpunkt des Überlassungsbeginns voraus (Rn. 16). Dies folgt aus einer Auslegung der Normen (Rn. 17 ff.).
  4. Eine teleologische Reduktion von § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG dahingehend, dass bereits ein (noch) formunwirksamer Vertrag als Grundlage für die Offenlegung und Konkretisierung genügt, ist nicht geboten (Rn. 23 ff.).
  5. Vor Vertragsunterzeichnung ist der noch nicht der Schriftform entsprechende Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Er kann deshalb nicht schon die Grundlage für die Erfüllung der Offenlegungspflicht bilden. Auch die Konkretisierung der Person des Leiharbeitnehmers knüpft an das Vorliegen eines formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrags bei Überlassungsbeginn an (Rn. 19).

(Orientierungssätze)

Die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG und der Konkretisierungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG setzt das Bestehen eines formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrags im Zeitpunkt des Überlassungsbeginns voraus.

(Amtliche Leitsätze)