BGH, Urteil vom 29.5.2024 – I ZR 43/23
a) Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 MessEG, die dem Schutz des Verkehrs vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung („Mogelpackung“) dient, fällt, soweit Handlungen von Unternehmen gegenüber Verbrauchern betroffen sind, in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der in diesem Verhältnis eine Vollharmonisierung bewirkenden Richtlinie 2005/29/EG. Damit ist, weil insoweit die in den übrigen Absätzen des Art. 3 der Richtlinie 2005/29/EG vorgesehenen Ausnahmen nicht betroffen sind, für die lauterkeitsrechtliche Anwendung der Vorschrift des § 43 Abs. 2 MessEG als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG kein Raum, soweit sie Tatbestandsmerkmale – hier: das Merkmal der Bereitstellung auf dem Markt – vorsieht, die dem Tatbestand des Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG beziehungsweise des diese Vorschrift umsetzenden § 5 UWG fremd sind. Die Beurteilung der Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung hat dann allein nach § 5 UWG zu erfolgen (Klarstellung zu BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16, GRUR 2018, 431 [juris Rn. 41] = WRP 2018, 413 – Tiegelgröße).
b) Eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung („Mogelpackung“) nach § 5 UWG liegt unabhängig von dem konkret beanstandeten Werbemedium – hier: Online-Werbung – vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge steht. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Fertigpackung nur zu zwei Dritteln gefüllt ist, sofern nicht die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindert oder die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruht.
(Amtliche Leitsätze)