BAG, Urteil vom 7.2.2024 – 5 AZR 177/23; ECLI:DE:BAG:2024:070224.U.5AZR177.23.0
1. Die Beurteilung der Böswilligkeit iSv. § 11 Nr. 2 KSchG erfordert stets eine unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls vorzunehmende Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen. Hierbei kann eine Verletzung sozialrechtlicher Handlungspflichten durch den Arbeitnehmer zu berücksichtigen sein, zB ein Verstoß gegen die Verpflichtung, sich nach § 38 Abs. 1 SGB III arbeitsuchend zu melden. Ebenso können sich im Einzelfall aus der Regelung des § 2 Abs. 5 SGB III, wonach der Arbeitnehmer zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten ist, Anknüpfungspunkte für die Konkretisierung des böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes ergeben (Rn. 19 f.). Ausgehend hiervon ist auch ein Verhalten des Arbeitnehmers zu seinen Lasten zu berücksichtigen, mit dem er verhindert, dass die Agentur für Arbeit ihrem Vermittlungsauftrag nachkommt (Rn. 36).
2. Anrechenbar nach § 11 Nr. 2 KSchG ist nur böswillig unterlassener Verdienst aus anderweitiger zumutbarer Arbeit. Die Zumutbarkeit beurteilt sich insbesondere nach der Art der Arbeit, der Person des Arbeitgebers oder den sonstigen Arbeitsbedingungen. Auch hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Dritten folgt die Unzumutbarkeit nicht allein aus einem im Verhältnis zum bisherigen niedrigeren Verdienst. Es ist jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ermitteln, inwieweit eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zB nach der Art der Tätigkeit, der Arbeitszeit oder des Ortes der anderweitigen Beschäftigung sowie hinsichtlich des Verdienstes hinnehmbar ist. Dabei muss der Arbeitnehmer eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen grundsätzlich nicht akzeptieren (Rn. 21 ff.).
(Orientierungssätze)