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EuGH: Restrukturierungs‑, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren i. S. d. RL (EU) 2019/1023

EuGH, Urteil vom 11.4.2024 – C-687/22

1. Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung ist nicht auf eine Situation anwendbar, in der sich der Sachverhalt nach Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs‑, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz), aber vor Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie und vor ihrer Umsetzung in nationales Recht ereignet hat.

2. Art. 23 Abs. 4 der Richtlinie 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass die darin enthaltene Liste bestimmter Schuldenkategorien nicht abschließend ist und dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, andere als die in dieser Bestimmung aufgezählten Schuldenkategorien von der Entschuldung auszuschließen, sofern ein solcher Ausschluss nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.

3. Eine von den nationalen Gerichten vorgenommene Auslegung einer nationalen Regelung, die auf einen Sachverhalt anwendbar ist, der sich nach Inkrafttreten der Richtlinie 2019/1023, aber vor Ablauf der Frist für deren Umsetzung ereignet hat, und nach der der Ausschluss öffentlicher Forderungen von der Entschuldung in dieser Regelung nicht ausreichend gerechtfertigt ist, kann die Verwirklichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels nach Ablauf der Frist nicht ernstlich gefährden.

(Tenor)