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BAG: AVR Caritas – Bereitschaftsdienst – Arbeitsunfähigkeit – Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto

BAG, Urteil vom 5.10.2023 – 6 AZR 210/22

ECLI:DE:BAG:2023:051023.U.6AZR210.22.0

1. Hat ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbracht oder musste er diese aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen und hat sie der Arbeitgeber bisher weder vergütet noch in Form von Zeit in das Arbeitszeitkonto eingestellt, kann der Arbeitnehmer die nachträgliche Gutschrift verlangen, wenn die dem Arbeitszeitkonto zugrundeliegenden Vereinbarungen die Buchung der in Rede stehenden Vergütungsbestandteile als Zeit auf dem Arbeitszeitkonto zulassen (Rn. 13).

2. Für § 4 Abs. 1 EFZG ist grundsätzlich maßgeblich, welche Arbeitsleistung aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers tatsächlich ausgefallen ist. Zu ermitteln ist danach, inwieweit der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig gewesen wäre (Rn. 16). Das gilt auch im Falle eines Bereitschaftsdienstes, zu dem der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer im Dienstplan eingeteilt war (Rn. 18).

3. In auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsvertragsrichtlinien kann keine von § 4 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 3 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. Die Öffnungsklausel des § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG behält Abweichungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers ausschließlich Tarifverträgen vor. Sie kann auf Arbeitsvertragsrichtlinien auch nicht analog angewendet werden (Rn. 23 ff.).

4. Das verstößt weder gegen das Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht der Kirchen noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Rn. 28 ff.).

(Orientierungssätze)

§ 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG gestattet eine von den Vorgaben des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu Ungunsten des Arbeitnehmers abweichende Regelung nur durch Tarifvertrag. Auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommene Arbeitsvertragsrichtlinien sind von dieser Öffnungsklausel nicht erfasst.

(Amtlicher Leitsatz)