Am 1.1.2024 treten bahnbrechende neue EU-Vorschriften in Kraft, mit denen für multinationale Unternehmen, die in den EU-Mitgliedstaaten tätig sind, ein Mindeststeuersatz von 15 % eingeführt wird.
Die Rahmenvorschriften werden die Steuerlandschaft in der EU und weltweit nicht nur gerechter und stabiler machen, sondern auch moderner und besser geeignet für die heutige globalisierte, digitale Welt. Mit dem Inkrafttreten der 2022 von den Mitgliedstaaten einstimmig vereinbarten Vorschriften für eine effektive Mindestbesteuerung wird die sogenannte zweite Säule durch die EU formell umgesetzt. Vereinbart worden war sie im Rahmen der globalen Vereinbarung über die internationale Steuerreform im Jahr 2021.
Fast 140 Länder und Gebiete weltweit haben sich diesen Regeln angeschlossen, und die EU hat bei ihrer Umsetzung in verbindliche Rechtsvorschriften eine Vorreiterrolle gespielt. Im Rahmen der zweiten Säule werden die Anreize für Unternehmen, ihre Gewinne in Niedrigsteuergebiete zu verlagern, gesenkt, um so dem „Wettlauf nach unten“ Einhalt zu gebieten, den die Staaten sich liefern, wenn sie bestrebt sind, durch einen möglichst niedrigen Körperschaftsteuersatz Investitionen anzulocken. Die zweite Säule führt bereits zu Ergebnissen, denn eine Reihe von Nullsteuergebieten haben die Einführung einer Körperschaftsteuer für die in den Anwendungsbereich der Regeln fallenden Unternehmen angekündigt.
Im Detail
Die Vorschriften sollen für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Konzerne in der EU mit kombinierten Umsatzerlösen von mindestens 750 Mio. EUR pro Jahr gelten. Sie finden Anwendung auf alle großen inländischen und internationalen Konzerne, die mit ihrer Muttergesellschaft oder einer Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind.
Die Richtlinie enthält ein gemeinsames Regelwerk für die Berechnung und Anwendung einer „Zusatzsteuer“, die in einem bestimmten Land geschuldet wird, falls der effektive Steuersatz unter 15 % liegt. Unterliegt eine Tochtergesellschaft in einem anderen Land, in dem sie ihren Sitz hat, nicht dem effektiven Mindeststeuersatz, so wendet der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft auch auf die Tochtergesellschaft eine Zusatzsteuer an. Ferner gewährleistet die Richtlinie die effektive Besteuerung in Fällen, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz außerhalb der EU in einem Niedrigsteuerland hat, das keine gleichwertigen Vorschriften anwendet.
Hintergrund
Mit dieser historischen Rechtsvorschrift erfüllt die EU ihr Versprechen, bei der Umsetzung der OECD-Steuerreform eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Die Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen (Säule 2) ist einer der beiden Arbeitsbereiche der globalen OECD-Vereinbarung. Der andere ist die teilweise Neuzuweisung von Besteuerungsrechten (sogenannte Säule 1).
Mit der ersten Säule soll auf internationaler Ebene geregelt werden, wie die Besteuerungsrechte an den Gewinnen der größten und rentabelsten multinationalen Unternehmen zwischen den Ländern verteilt werden, damit den sich wandelnden Geschäftsmodellen – so beispielsweise der Tatsache, dass Unternehmen an einem Ort tätig sein können, ohne dort auch physisch präsent zu sein – Rechnung getragen wird.
Zitat
Mit diesem Jahr beginnt eine neue Ära bei der Besteuerung großer multinationaler Unternehmen. In Europa und Ländern rund um den Globus tritt eine historische Reform in Kraft und bringt uns einer gerechten Unternehmensbesteuerung einen großen Schritt näher. Durch die neuen Vorschriften werden die Anreize für Unternehmen, ihre Gewinne in Niedrigsteuergebiete zu verlagern, gesenkt. So tragen die Vorschriften dazu bei, den Wettlauf nach unten bei Steuersätzen für Unternehmen in der EU und weltweit zu begrenzen. Ich möchte alle Unterzeichner der globalen Steuervereinbarung auffordern, nun Taten folgen zu lassen und diese entscheidende Reform schnell umzusetzen. Sie hat das Potenzial, jährlich zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 220 Mrd. USD zu generieren, die den Ländern überall auf der Welt helfen können, unbedingt erforderliche Investitionen und hochwertige öffentliche Dienste zu finanzieren.