Kindergeld für sich selbst können Kinder nur erhalten, wenn sie Vollwaise sind oder den Aufenthalt der Eltern nicht kennen. Kein Kindergeld beanspruchen kann ein Kind, wenn es gelegentlich mit seiner Mutter im Ausland telefonieren und sich dabei nach ihrem Aufenthaltsort erkundigen kann. Dies hat der 10. Senat des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 14. Dezember 2023 entschieden (Aktenzeichen B 10 KG 1/22 R).
Der Kläger hatte Kindergeld für sich selbst beansprucht mit der Begründung, er kenne den Aufenthalt seiner Mutter nicht. Diese hatte sich Ende 2017 auf die Flucht begeben und zunächst jeweils nur für kurze Dauer an verschiedenen Orten in Syrien gelebt, zuletzt in der Nähe von Damaskus. Allerdings hatte der Kläger in seinem Kindergeldantrag angegeben, zwei bis dreimal monatlich mit ihr zu telefonieren. Dadurch hatte er zumindest die zumutbare Möglichkeit, sich nach dem aktuellen Aufenthaltsort seiner Mutter zu erkundigen.
Ein Kind kennt den Aufenthalt seiner Eltern, wenn es weiß, an welchem für ihn bestimmbaren Ort sich seine Eltern oder zumindest ein Elternteil aufhalten. Auf die Kenntnis einer postalischen Adresse oder eines „verstetigten“ Aufenthalts kommt es dagegen nicht an, weil sich seit Einführung des Kindergelds für „alleinstehende Kinder“ im Jahr 1986 die Kommunikationsmöglichkeiten und -gewohnheiten durch Internet und Mobilfunk grundlegend verändert haben. Für die erforderliche Aufenthaltskenntnis genügt es zudem, wenn aus Sicht des Kindes die zumutbare Möglichkeit besteht, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Kontakt mit seinen Eltern aufzunehmen. Die Kenntnis fehlt erst dann, wenn Dauer und Ausmaß der Unkenntnis über den Verbleib der Eltern den endgültigen Verlust der Eltern-Kind-Beziehung wie bei einer Vollwaise befürchten lassen.