BAG, Urteil vom 13.9.2023 – 10 AZR 270/22; ECLI:DE:BAG:2023:130923.U.10AZR270.22.0
1. Gegen die Geltungserstreckung des ZVK-TV 2009 auf nicht originär tarifgebundene Arbeitgeber durch § 31 Abs. 1 iVm. der Anlage 77 SokaSiG2 bestehen keine durch[1]greifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (Rn. 18).
2. Der fachliche Geltungsbereich des ZVK-TV 2009 ist nur dann nach § 1 Buchst. b Nr. 1 ZVK-TV 2009 eröffnet, wenn industriell gefertigte Brot- und Backwaren über Verkaufsstellen verkauft werden (Rn. 24 ff.). Verkaufsstellen iSv. § 1 Buchst. b Nr. 1 ZVK-TV 2009 sind jedenfalls für eine gewisse Zeit bestehende ortsfeste Verkaufseinrichtungen. Ein Verkauf über Außendienstmitarbeiter oder einen Onlineshop erfüllt diese Voraussetzungen nicht (Rn. 34 ff.).
3. Übernimmt eine Gesellschaft im Rahmen eines Zusammenschlusses für einen Be[1]trieb der Brot- und Backwarenindustrie den Vertrieb, ist nach § 1 Buchst. b Nr. 2 letzter Halbsatz ZVK-TV 2009 der fachliche Geltungsbereich des ZVK-TV 2009 für Betriebe der Vertriebsgesellschaft nur eröffnet, soweit diese nicht von einem „speziellen“ Tarifvertrag erfasst werden (Rn. 46 ff.). § 1 Buchst. b Nr. 2 ZVK-TV 2009 verlangt allerdings nicht, dass sich der Betrieb, für den der Vertrieb übernommen wird, im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags (§ 1 Buchst. a ZVK-TV 2009) befindet (Rn. 42 ff.).
4. § 1 Buchst. b Nr. 2 letzter Halbsatz ZVK-TV 2009 gibt nicht vor, nach welchen Kriterien der „spezielle“ Tarifvertrag zu ermitteln ist. Eine etwaig bestehende Tarifkonkurrenz ist daher nach allgemeinen tarifrechtlichen Kollisionsregeln aufzulösen (Rn. 54). Ein für den Betrieb der Vertriebsgesellschaft geltender Firmentarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung ist wegen seiner größeren räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Nähe zum Betrieb stets der speziellere Tarifvertrag iSv. § 1 Buchst. b Nr. 2 letzter Halbsatz ZVK-TV 2009 (Rn. 55 ff.).
5. Einer Verdrängung des ZVK-TV 2009 steht es nicht entgegen, wenn der Firmentarifvertrag einen anderen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung vorsieht oder die gewährten Leistungen nicht mit denen des ZVK-TV 2009 gleichwertig sind. Das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG findet bei der Auflösung einer Tarifkonkurrenz keine Anwendung (Rn. 56).
(Orientierungssätze)